Gold hat in dieser Woche mit über 4.000 US-Dollar pro Feinunze einen historischen Höchststand erreicht. In nahezu allen Medien ist von Rekorden, Kaufwellen und der „Flucht in den sicheren Hafen“ die Rede. Das Edelmetall steht sinnbildlich für Stabilität – und genau danach scheint die Welt derzeit zu suchen.
Doch während die Schlagzeilen vom neuen Goldrausch sprechen, lohnt sich ein kühler Blick: Was treibt den Preis tatsächlich, und ist jetzt der richtige Zeitpunkt zum Kauf? Oder zum Verkauf?
Warum Gold gestiegen ist
Der aktuelle Höhenflug hat mehrere Ursachen.
Zentralbanken weltweit kaufen so viel Gold wie seit Jahrzehnten nicht mehr, vor allem China, Indien und die Türkei. Damit wollen sie unter anderem ihre Abhängigkeit vom US-Dollar verringern und ihre Währungsreserven breiter aufstellen. In einer Zeit zunehmender Spannungen und Handelskonflikte gilt Gold als neutraler Vermögenswert, der keiner politischen Einflussnahme unterliegt.
Auch die hohen und steigenden Staatsverschuldungen, vor allem in den USA, spielen eine Rolle. Einige Anleger befürchten eine globale Schuldenkrise und flüchten in Gold, den sicheren Hafen.
Letztlich stehen die Notenbanken, zum Beispiel in den USA, unter Druck, die Zinsen niedrig zu halten, damit die Staatshaushalte tragfähig bleiben. Das Ergebnis ist ein Umfeld, in dem kurzfristige Anleiherenditen dauerhaft gedrückt werden – ein idealer Nährboden für steigende Goldpreise.
Das Missverständnis um Gold
Im Vergleich zu Aktien hat Gold in den vergangenen Jahrzehnten systematisch geringere Renditen erzielt.
Was oft missverstanden wird: Gold ist nicht der Konkurrent von Aktien, sondern ihr Gegengewicht. Gold ist kein Instrument zum systematischen Vermögensaufbau, sondern zum Vermögenserhalt. Wenn Märkte in Panik geraten, Währungen schwanken oder das Vertrauen in Notenbanken schwindet, übernimmt Gold eine stabilisierende Funktion. Sein Wert entsteht nicht aus laufenden Erträgen, sondern aus seiner Akzeptanz als „sicherer Hafen“.
Gold hat keinen Schuldner, keine Laufzeit und kein Zahlungsversprechen – das macht es einzigartig.
Ein Blick in die Geschichte zeigt, dass Gold immer dann glänzte, wenn das Vertrauen erodierte. In den 1970er-Jahren, während der Ölkrisen und einer Inflationswelle, verdreifachte sich der Preis. Nach der Finanzkrise 2008 stieg er erneut stark an, weil Anleger Stabilität suchten. In Phasen politischer Unsicherheit oder monetärer Experimente dient Gold als Gegengewicht zu einem System, das auf Schulden und Vertrauen basiert.
Wie viel Gold sinnvoll ist
Ein Übermaß an Gold ist ebenso problematisch wie der völlige Verzicht. Wer alles in Gold hält, verzichtet auf Renditechancen. Wer es ignoriert, verzichtet auf Stabilität. In der Praxis scheint sich ein Anteil zwischen 5 % und 10 % des Gesamtvermögens bewährt zu haben. Diese Beimischung kann die Schwankungen eines Portfolios reduzieren und dient als Versicherung gegen potentielle systemische Risiken.
Wichtig ist, Gold nicht als kurzfristige Spekulation zu betrachten. Die Preisentwicklung kann über Jahre stagnieren, bevor eine neue Aufwärtsphase beginnt. Entscheidend ist der langfristige Zweck: Gold stabilisiert, es vermehrt nicht unbedingt. In einem ausgewogenen Portfolio wirkt es wie ein Stabilisator, der Wertschwankungen anderer Anlageklassen abfedert.
Gold im Portfolio – Vor- und Nachteile
Gold bietet Eigenschaften, die kaum ein anderer Vermögenswert hat. Es schützt vor (langfristiger) Inflation, dient als Krisenwährung und verbessert die Diversifikation eines Portfolios. Der Preis korreliert nur schwach mit Aktien oder Anleihen, was die Gesamtschwankung eines Portfolios verringern kann. Zudem kann Gold physisch besessen werden – ein psychologischer Vorteil, der in unsicheren Zeiten Vertrauen schafft.
Doch es gibt auch Nachteile. Gold erwirtschaftet keine Erträge, zahlt keine Zinsen und keine Dividenden. Die Lagerung verursacht Kosten, Versicherung und Verwahrung Aufwand. Auch Preisschwankungen gehören dazu: Wer 2011 auf dem damaligen Höhepunkt gekauft hat, musste fast zehn Jahre warten, bis dieser Kurs wieder erreicht wurde. Zwischenzeitlich fiel der Goldpreis um über 40 %.
Schließlich sollte man die Opportunitätskosten nicht unterschätzen. Kapital, das in Gold gebunden ist, arbeitet nicht produktiv.
Fazit
Eigentümer von Gold dürfen sich vor allem bei Donald Trump bedanken. Denn er hat massive Unsicherheit in der Welt und in den globalen Finanzmärkten ausgelöst. Dies ist der Hauptgrund für den starken Anstieg des Goldpreises.
Gold glänzt vor allem dann, wenn Vertrauen schwindet. Es zahlt keine Zinsen, doch es bietet Stabilität, wenn Währungen und Politik an Glaubwürdigkeit verlieren. Sein Wert liegt nicht in kurzfristiger Performance, sondern in seiner Beständigkeit.
Gold ersetzt keine Aktien und keine Anleihen, es ergänzt sie. In einer Welt steigender Schulden und anhaltender Unsicherheit bleibt es die älteste, aber immer noch bewährteste Form der Absicherung.
Und jetzt?
Es ist nicht möglich zu beurteilen, ob Gold aktuell über- oder unterbewertet ist. Das liegt daran, dass Gold keine laufenden Erträge erzielt, die man als Basis für eine fundamentale Bewertung heranziehen könnte. Ein Goldinvestment zur Erzielung von Kursgewinnen ist somit eine reine Spekulation.
Das bedeutet aber nicht, dass es irrational wäre, in Gold zu investieren. Wer sich vor ernsten Krisen sorgt und Schwankungen in einem Wertpapier-Portfolio abfedern möchte, kann Gold als Beimischung kaufen. Eine Faustformel, die breite Zustimmung zu finden scheint, ist, dass man 5 % bis 10 % des Gesamtvermögens in Gold investieren kann.
Man sollte sich aber drüber im Klaren sein, dass ein Investment in Gold zum heutigen Zeitpunkt auch nach hinten losgehen kann. Denn der Goldpreis kann auch wieder fallen. Zum Beispiel falls sich die aktuellen Krisen auflösen oder die Zinsen anziehen.

Achim Teske ist einer von nur rund 200 echten unabhängigen Honorar-Anlageberatern in Deutschland. Der Bankkaufmann und Diplom-Kaufmann hat 16 Jahre für globale Investmentbanken gearbeitet, darunter 10 Jahre in London und 6 Jahre in Singapur. Zuletzt war er Managing Director und Leiter des Portfolio Managements für Asien-Pazifik. Seit 2017 ist er Honorarberater. 2019 wurde er in den DIN-Normenausschuss für Finanzdienstleistungen berufen.