Der Mythos vom Aktienexperten


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Veröffentlicht am 9. November 2025

Die globalen Aktienmärkte haben sich dieses Jahr mal wieder prächtig entwickelt. Aktionäre sitzen auf satten Gewinnen.

Die Kehrseite der Medaille: Die Luft nach oben ist dünner geworden. Viele Unternehmen, vor allem die amerikanischen Technologiefirmen, sind hoch bewertet (auf historischer Basis).

In Zeiten wie diesen sieht man vermehrt Schlagzeilen wie:

“Diese 5 Aktien sind immer noch unterbewertet.”
“Das sind die 3 geheimen Sterne am KI-Himmel.”
“Bei diesen Aktien sollten sie jetzt Gewinne mitnehmen.” 

In der Fachsprache nennt man diese Empfehlungen “Stockpicking”. 

Ich nenne es: “Die Nadel im Heuhaufen suchen.”

Die Argumentationen hinter diesen Kauf- und Verkaufsempfehlungen klingen in der Regel logisch und überzeugend.

Die empirische Finanzmarktforschung hat allerdings zweifelsfrei belegt: Stockpicking funktioniert nicht. Im Gegenteil, mit dieser Strategie verliert man als Privatanleger auf lange Sicht viel Geld.

Genauer gesagt, man zahlt viel Geld an einen Berater oder Fondsmanager (oft ohne es zu bemerken), der mehr oder weniger erfolglos mit unserem Geld spekuliert.

Das ist kein Kavaliersdelikt. Nachdem wir eine dreistellige Zahl von Wertpapier-Portfolios analysiert haben, wissen wir Folgendes:

  • Herkömmliche Finanzberater, Banken und Vermögensverwalter kosten häufig um die 3 % Gebühren pro Jahr (gemessen an der Anlagesumme).
  • Hinzu kommen nicht selten 2 % bis 5 % entgangene Rendite, weil der Berater erfolglos spekuliert hat.
  • In der Spitze haben wir auch schon 12% Underperformance in einem Jahr gesehen.

Falls Sie beispielsweise 500.000 Euro investiert haben, sprechen wir von Kosten von 15.000 Euro pro Jahr und entgangenen Gewinnen von zusätzlichen 10.000 Euro bis 25.000 Euro pro Jahr!

Über einen 10-Jahres-Zeitraum gehen locker 250.000 Euro verloren. Bei größeren Vermögen noch deutlich mehr.

Die Zahlen lügen nicht

Eine aktuelle Studie von Morningstar zeigt, dass lediglich 26,7 % aller aktiven Fonds ihren Vergleichsindex übertreffen. 

Eine Langzeitstudie von S&P kam zu dem Ergebnis, dass nur 2 % aller aktiv gemanagten Fonds ihren Vergleichsindex über einen Zeitraum von 10 Jahren schlagen.

Das Problem für Anleger: Viele dieser aktiven Fonds kosten um die 2 % Verwaltungsgebühren pro Jahr. Klingt erst mal nicht viel. Wenn man aber bedenkt, dass ETFs und Indexfonds nur ein Zehntel davon kosten, können Anleger langfristig sechs- oder sogar siebenstellige Erträge zusätzlich erhalten.

Dass einige Fondsmanager sich damit brüsten, dass sie in Abschwungphasen den Markt schlagen, ist ebenfalls zweifelhaft. Denn viele Fonds halten dauerhaft 5 % Liquidität. Diese liquiden Mittel (= Cash) verlieren in einem Börsenabschwung natürlich nicht an Wert. Tada: Der Fonds hat den Markt „geschlagen“. Aber nur, weil er aus technischen Gründen nicht voll investiert war.

Zwischenergebnis

Es gibt keine belastbare Beweise, dass aktive Fonds den Markt zuverlässig schlagen. Falls sie es tun, hat es in der Regel mit Glück oder technischen Faktoren zu tun.

In Deutschland sind circa 7.000 Fonds für Privatanleger zu gelassen. Wenn 7.000 Menschen eine Münze zehnmal werfen, wird es immer ein paar geben, die acht oder neunmal „Kopf“ erwischen. Es handelt sich um reinen Zufall, kein Können.

Gestern habe ich mit meinen beiden Töchtern Kniffel gespielt. Die kleine hat mit einem Wurf direkt einen Kniffel geworfen. Die Wahrscheinlich dafür ist 1 zu 1.296. Das interessiert sie aber nicht. Sie ist jetzt eine (selbsternannte) Kniffelexpertin.

Meine Beratungspraxis sieht ähnlich aus. Wenn ich Wertpapierportfolios professionell analysiere, finde ich häufig einige Fonds, die besser als der Markt gelaufen sind. In den vergangenen Jahren waren dies hauptsächlich technologielastige Fonds.

Die breite Masse der Fonds liegt jedoch regelmäßig (deutlich) hinter ihren Vergleichsindizes zurück. Die Underperformance des Gesamtportfolios liegt in der Regel zwischen 2 % und 5 % pro Jahr. In der Spitze auch einmal bei 12 %, falls der Berater sich komplett verspekuliert hat.

Die unterschiedlichen Entwicklungen der Fonds lassen sich von geübten Profis prima wegdiskutieren. Schuld sind immer die anderen: Trump, Putin, Nachbars Katze.

Eine der ersten Weisheiten, die ich in meiner Investmentbanking-Karriere über Stockpicking gelernt habe:

Ein langfristiges Investment ist in der Regel eine kurzfristige Spekulation, die in die Hose gegangen ist.

Fazit

Lassen Sie sich nicht erzählen, dass jetzt die Zeit der “Stockpicker” gekommen ist. Diese Zeit gab es nicht und wird es wahrscheinlich auch nicht geben.

Aktive Manager (Stockpicker) haben von vornherein keine Chance, weil mehr als die Hälfte aller Aktien über ihre Lebensdauer negative Gesamtrenditen erzielen. Studien haben gezeigt, dass nur 2,4 % aller Aktien für den gesamten Zuwachs den US-Aktienmarkts verantwortlich waren.

Wer diese Ausreißer-Aktien nicht in seinem Portfolio hat, wird hinter dem Markt zurückbleiben. Manchmal deutlich. So wie die Anleger in einem der führenden deutschen Aktienfonds, dessen Fondsmanager seit Jahren auf Nvidia rumhackt und stattdessen lieber vermeintlich unterbewertete deutsche Automobil-Aktien kauft. Inzwischen ist Nvidia die wertvollste Firma der Welt und die deutschen Autobauer stecken in einer existenziellen Krise.

Beim Investieren gewinnt in der Regel die Einfachheit. “Langweilig und systematisch” schlägt “Möchtegern-Clever”.

Die Lösung ist das breite Investieren in ETFs und Indexfonds, die idealerweise den gesamten globalen Aktienmarkt abdecken. Man muss dann nicht nach den Gewinnern suchen, denn man hat sie garantiert im Portfolio. Die Kosten sind mit 0,2 % bis 0,5 % pro Jahr sensationell günstig. So erhalten Anleger fast die gesamte Marktrendite.

Der nette Nebeneffekt: Diese Anlagemethode ist stressfrei und zeitsparend. Kein Lesen von Geschäftsberichten oder die Suche nach den besten Fondsmanagern.

Ich befolge die Methoden des wissenschaftlichen Investierens seit 2017 und habe es keinen Tag bereut. Die Ergebnisse sprechen für sich.

Die Erfolgsformel: Evidenz statt Geschichtenerzählen.

PS: Falls Sie einen prominenten „Aktienexperten“ live und in Farbe erleben wollen, lege ich Ihnen das folgende YouTube-Video an Herz. Darin erklärt Dirk Müller („Mr. Dax“), wie er die Wirecard-Aktie sorgfältig analysiert hat und warum diese ein klarer Kauf ist. Er ist schlau. Die anderen sind doof. Kurze Zeit später ging Wirecard pleite. Die Aktie knickte binnen weniger Tage um 99 % ein. Anleger verloren Milliarden.

Das Video ist besonders kurios, weil Dirk Müller eigentlich als (bisher sehr erfolgloser) Weltuntergangs-Prophet gilt. Und dann sucht er die eine Aktie aus, die wirklich untergeht.

Hier klicken.

PPS: Falls Sie mit der Entwicklung ihres Depots unzufrieden sind, könnte es sein, dass ein „Aktienexperte“ am Werk war, der sich mit ihrem Geld verspekuliert hat.

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Achim Teske Achim Teske

Achim Teske ist einer von nur rund 200 echten unabhängigen Honorar-Anlageberatern in Deutschland. Der Bankkaufmann und Diplom-Kaufmann hat 16 Jahre für globale Investmentbanken gearbeitet, darunter 10 Jahre in London und 6 Jahre in Singapur. Zuletzt war er Managing Director und Leiter des Portfolio Managements für Asien-Pazifik. Seit 2017 ist er Honorarberater. 2019 wurde er in den DIN-Normenausschuss für Finanzdienstleistungen berufen.

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