Spielverderber US-Dollar - Warum sich das Depot nicht bewegt


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Veröffentlicht am 13. Juli 2025

Der DAX hat diese Woche einen neuen historischen Höchststand erreicht. Auch die US-Börsen steigen. Und steigen. Und steigen.

Trotz dieser Rekorde kommen viele Aktiendepots aktuell kaum voran.

Woran liegt’s?

Ganz einfach: Sauber konstruierte globale Aktiendepots haben einen USA-Anteil von 40 % bis 60 %. Und der US-Dollar hat in den letzten Monaten aufgrund der Trump’schen Finanz- und Wirtschaftspolitik massiv gegenüber dem Euro an Wert verloren. Was in US-Dollar glänzt, kommt in Euro nur noch matt an.

Das kann sich natürlich auch wieder sehr schnell ändern. Anleger, die den Euro als Heimatwährung haben, können von Wechselkursgewinnen profitieren, falls der US-Dollar sich erholt.

Ob und wann das passiert, ist nicht vorherzusagen und wird zum großen Teil von den Entscheidungen von Donald Trump abhängen.

Der aktuelle Rendite-Killer: Der Wechselkurs

Der S&P 500, der wichtigste US-Aktienindex, ist seit Jahresanfang um rund 7 % gestiegen. 

Leider wurde diese gute Wertentwicklung durch Wechselkurseffekte ausgebremst.

Am 2. Januar 2025 lag der Euro-US-Dollar Wechselkurs bei 1,03. Aktuell liegt der Wechselkurs bei 1,16. Der US-Dollar hat gegenüber dem Euro seit Jahresanfang also rund 13 % an Wert verloren. Das ist enorm – und hat direkte Auswirkungen auf die Geldanlage, falls man in den US-Aktienmarkt investiert.

„Warum sehe ich davon nichts in meinem Depot?“

Das Problem: Der Währungseffekt steht in keiner Spalte der Depotübersicht. Es gibt keine eigene Zeile mit „Wechselkursverlust“ oder „US-Dollarabwertung“. Man sieht einfach: „-6  %“ (7 % Kursanstieg minus 13 % Wechselkursverlust) anstatt „+ 7 %“ – und wundert sich.

Hinzu kommt: In vielen Medien wird über die US-Rally berichtet – aber selten über ihre „Dämpfung“ durch die Dollar-Schwäche. Das erzeugt eine kognitive Dissonanz: Die Kurse steigen, aber die Rendite bleibt aus. Die Erklärung fehlt und das ist gefährlich. Denn es kann dazu führen, dass Anleger falsche Schlüsse ziehen.

Die häufigste Reaktion: Rückzug aus dem US-Markt

Wenn der Euro aufwertet und der Dollar schwächelt, liegt der Gedanke nahe:

„Vielleicht sollte ich mein Geld lieber in Europa anlegen – da gibt’s keinen Währungsstress.“

Das klingt erst mal plausibel. Ist aber selten klug.

Denn: Der US-Aktienmarkt ist nach wie vor der dominante Aktienmarkt der Welt. Über 60 % des MSCI World Index entfallen auf US-Aktien. Viele der größten, profitabelsten und innovativsten Unternehmen der Welt sitzen in den USA. Wer sich hier zurückzieht, verzichtet auf enorme Renditepotenziale – nur wegen eines temporären Währungseffekts.

Außerdem: Der Währungseffekt kann sich jederzeit wieder umdrehen. Wenn der Dollar erstarkt, gewinnen Sie nicht nur durch Kursgewinne – sondern auch beim Umrechnungskurs.

Währungsabsicherung – sinnvoll oder teuer?

Immer wieder taucht die Frage auf:

„Sollte ich mein Depot gegen Währungsrisiken absichern?“

Die Antwort ist wie so oft: Es kommt darauf an.

Es gibt sogenannte „hedged ETFs“, also währungsgesicherte Fonds. Diese Produkte versuchen, Wechselkursrisiken auszugleichen – meist über Derivate wie Futures. Sie funktionieren bei kurzfristigen Bewegungen – sind aber teuer und langfristig oft ineffizient.

Wissenschaftliche Studien zeigen: Die langfristigen Unterschiede zwischen „gesichert“ und „ungesichert“ sind marginal – oft sogar negativ. Denn Sicherungen kosten Geld, und sie schützen nicht vor dem eigentlichen Anlagerisiko: den Märkten selbst. Deshalb verzichten wir in unseren Kundenportfolios meist bewusst auf Währungsabsicherung. Die Schwankungen gehören dazu und sind nicht prognostizierbar.

Eine große Ausnahme: Bei Anleihen sollte man Wechselkursrisiken vermeiden und nur in Euro-Anleihen investieren.

Warum Währungsrisiken langfristig so gut wie keine Rolle spielen

Ein sauber konstruiertes Depot berücksichtigt Schwankungen – auch bei den Währungen. Die Idee ist nicht, jede Bewegung zu antizipieren oder zu neutralisieren, sondern ein Portfolio zu bauen, das langfristig funktioniert.

Und: Währungsschwankungen gleichen sich über lange Zeiträume meist wieder aus. Zum Start des Euro vor über 25 Jahren lag der US-Dollar bei rund 1,14, d. h. fast demselben Kurs wie heute. Zwischenzeitlich schwankte der Wechselkurs zwischen 0,80 und 1,58.

Wer sein Depot wegen kurzfristiger Währungsentwicklungen neu ausrichtet, handelt taktisch – nicht strategisch. Und genau darin liegt die Gefahr.

Der bessere Weg: Gelassenheit und Strategie

Faustformel 1: Wer in Aktien investiert, sollte einen Anlagehorizont von 10 Jahren oder mehr haben.

Faustformel 2: Aktieninvestments “funktionieren” nicht jedes Jahr. Statistisch betrachtet geht eine Investmentstrategie in 4 von 10 Jahren nicht auf. Langfristig aber schon.

Unsere Kundenportfolios sind global gestreut, kostenoptimiert und langfristig orientiert. Sie enthalten bewusst auch US-Anteile von 40 % und mehr – trotz Währungsschwankungen. Denn auf Sicht von 10 oder 20 Jahren wird sich das Verhältnis zwischen Euro und Dollar noch oft ändern. Entscheidend ist, dass das Gesamtkonzept stabil bleibt.

Dazu gehört auch: Ruhe bewahren, wenn sich die Zahlen mal nicht so entwickeln, wie die Schlagzeilen es erwarten lassen.

Fazit: Der Dollar mag schwächeln – Ihre Strategie nicht

Währungseffekte können sowohl belohnen als auch bestrafen. Man sieht sie nur selten – aber sie wirken immer.

Wenn die US-Börsen steigen und das eigene Depot nicht mitzieht, ist das frustrierend. Aber es ist kein Grund zur Panik. Es könnte sogar ein Chance sein, denn der US-Dollar steht so niedrig wie seit 4 Jahren nicht.

Wechselkursschwankungen sind nicht der Feind. Sie sind ein temporärer Störfaktor, der kommt und geht – wie so vieles an den Kapitalmärkten.

Wer langfristig denkt, global streut und konsequent investiert, braucht keinen Exit-Plan für den Dollar.

Er braucht nur eines: Gelassenheit.

PS: Falls Sie in den Sommerferien in ein Land außerhalb der Eurozone reisen, können Sie sich freuen, dass Ihre Euros eine deutlich höhere Kaufkraft genießen als noch vor einigen Monaten.

Achim Teske Achim Teske

Achim Teske ist einer von nur rund 200 echten unabhängigen Honorar-Anlageberatern in Deutschland. Der Bankkaufmann und Diplom-Kaufmann hat 16 Jahre für globale Investmentbanken gearbeitet, darunter 10 Jahre in London und 6 Jahre in Singapur. Zuletzt war er Managing Director und Leiter des Portfolio Managements für Asien-Pazifik. Seit 2017 ist er Honorarberater. 2019 wurde er in den DIN-Normenausschuss für Finanzdienstleistungen berufen.

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