Generationenkapital
Warum die Aktienrente eine gute Idee ist


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Die aktuelle Bundesregierung ist offiziell die unpopulärste deutsche Regierung seit Jahrzehnten. Was vielleicht nicht überraschend ist, wenn man sich Schildbürgerstreiche wie z. B. das Heizungsgesetz ansieht.

Für eine bahnbrechende Initiative verdient die Bundesregierung jedoch großes Lob. Sie hat das Generationenkapital, auch Aktienrendite genannt, beschlossen. Gegen massive Wiederstände diverser Interessengruppen, die, sagen wir es mal diplomatisch, nicht selten von gefährlichem Halbwissen über die Funktionsweise der Aktienmärkte geprägt waren.

Das Hamburger Seniorenmagazin hat vor kurzem einen ausführlichen und sehr lesenswerten Beitrag zur Aktienrente veröffentlicht, für den ich interviewt worden bin. In diesem Blog-Beitrag fasse ich zusammen, was man über die Aktienrente wissen sollte. Am Ende des Beitrags befindet sich der Link zum vollständigen Artikel.

Der traurige Zustand der gesetzlichen Rente

Dass die gesetzliche Rente nicht reichen wird, ist allgemein bekannt. Wie schlimm die Situation aber wirklich ist, weiß wahrscheinlich kaum jemand. Hier die beunruhigenden Fakten zur gesetzlichen Rente:

  • Dieses Jahr muss der Bund die Rentenkassen mit mehr als 100 Milliarden Euro aus Steuermitteln bezuschussen. Das ist über ein Viertel des Bundeshaushalts.
  • Die Tendenz ist steigend. Wissenschaftler warnen, dass der Anteil des Rentenzuschusses im Jahr 2040 auf 40 % und im Jahr 2060 auf 55 % des Bundeshaushalts steigen könnte. Diese Ausgaben wären selbst mit massiven Steuererhöhungen nicht mehr finanzierbar.

Eine Reform der Rentensysteme ist dringend nötig; das ist schon seit langem klar. Der politische Wille, das Thema auch ernsthaft anzugehen, war jedoch lange nicht zu erkennen. Das ist nicht überraschend. Welcher Politiker möchte schon die Nachricht überbringen, dass wir länger arbeiten müssen oder weniger Geld bekommen werden. 

Das Generationenkapital kommt

Um das Rentenniveau auch langfristig zu stabilisieren, hat die Bundesregierung auf Initiative der FDP vor kurzem beschlossen, dass sie Geld an den Aktienmärkten investieren will. 2024 sollen 12 Milliarden Euro aus dem Bundeshaushalt investiert werden. Danach soll der Beitrag schrittweise steigen. Finanziert werden die Aktienkäufe durch neue Schulden. Bis 2035 soll so ein Kapitalstock von über 200 Milliarden Euro aufgebaut werden.

Dieser Plan löste bei diversen Interessenvertretungen spontane Schnappatmung aus. Hier einige Zitate:

“Aktien auf Pump zu kaufen, bringt kaum Rendite und ist extrem risikoreich. Die gesetzliche Rentenversicherung ist denkbar ungeeignet, um damit an der Börse zu spekulieren.”

Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands

“Die Finanzmärkte sind sehr volatil. Darauf kann man keinen Generationenvertrag aufbauen.”

BGB-Vorsitzende Yasmin Fahimi

“Die Aktienrente ist eine Casino-Rente.“

Sahra Wagenknecht

Bei solchen Aussagen zu Aktien weiß man nicht, ob man lachen oder weinen soll. Machen wir doch mal den Fakten-Check.

Aktien: Das sind die Fakten

Zugegeben, Aktien können kurz- und mittelfristig volatil sein. Vor allem die letzten vier Jahre waren teilweise nervenaufreibend. Die Börsen haben sich in der Vergangenheit aber immer wieder erholt. Denn die Welt dreht sich weiter. Trotz zahlreicher Krisen steht zum Beispiel der DAX nahe seinem Allzeithoch. Außerdem:

  • Globale Aktien sind mit einer jährlichen Rendite von um die 7 % in den vergangenen 100 Jahren die renditestärkste Anlageklasse gewesen. Sie waren damit deutlich ertragreicher als Immobilien, Anleihen, Gold und Rohstoffe.
  • Aktien sind langfristige Investments und belohnen Geduld. Niemand, der in der Vergangenheit länger als 15 Jahre in Aktien investiert hat, hat einen Verlust erzielt, egal wann investiert wurde. Zum Vergleich: Eine “Generation” ist 25 bis 30 Jahre.

Klar, das sind alles Vergangenheitswerte und wie alle Investments sind Aktieninvestments risikobehaftet. Die Wahrscheinlichkeit, dass Aktien auch in Zukunft eine gute Investition sein werden, ist jedoch sehr hoch. Denn die Weltbevölkerung wächst weiter, wodurch wahrscheinlich die Weltwirtschaft und die Unternehmensgewinne, unterstützt durch die Inflation, wachsen werden. Und die Unternehmensgewinne sind der Haupttreiber der Aktienmärkte.

Gute Schulden, schlechte Schulden

Es gibt grundsätzlich zwei Arten von Schulden: Gute Schulden und schlechte Schulden. Schlechte Schulden sind in der Regel Konsumschulden, z. B. ein Kredit für eine Urlaubsreise oder einen neuen Fernseher. Gute Schulden sind Kredite, die man aufnimmt, um reale Werte zu kaufen. Zum Beispiel Immobilien. Oder in gewissen Umständen auch Aktien.

Achtung: Für Privatanleger gibt es eine goldene Regel. Aktien bitte nie auf Pump erwerben. Denn es kann passieren, dass der Kredit fällig wird und wir gerade eine Aktienkrise haben. Das wäre fatal.

Diese Regel gilt aber nicht für den deutschen Staat. Denn der Staat kann sich aufgrund seiner hohen Kreditwürdigkeit nahezu unbegrenzt und so lange Geld leihen, wie er will. Aktuell für 2,6 % für 15 Jahre.

Fazit

Es ist noch nicht 100 % klar, wie die Aktienrente umgesetzt wird, ich halte sie aber für eine grundsätzlich sehr gute Idee. Die Mathematik ist einfach: Der Staat leiht sich für 2,6 % Geld und investiert es sehr langfristig in Aktien mit einer erwarteten Rendite von 7 % pro Jahr. In der Fachsprache nennen wir es den Hebeleffekt des Fremdkapitals.

Leider kommt die Aktienrente etwas spät. Viele Länder haben deutlich früher damit angefangen und sitzen auf fetten Gewinnen. Aber es ist nicht zu spät. Wie der Name “Generationenkapital” bereits andeutet, handelt es sich um ein sehr langfristiges Investment. Und langfristig waren Aktien in der Vergangenheit das beste Investment.

Die Aktienrente ist leider auch nicht ambitioniert genug. Die Regierung erwartet langfristig jährliche Zuflüsse von 10 Milliarden Euro in die gesetzliche Rente. Das wird zu gering sein, um die massiven Finanzierungsprobleme der gesetzlichen Rente auch nur annäherungsweise zu kompensieren.

Die private Vorsorge ist und bleibt deshalb ein absolutes Muss. Auf den Staat verlässt sich jeder auf eigenes Risiko.

Zum Abschluss noch ein Appell: Liebe Politiker*innen und Funktionär*innen: Mit großer Macht kommt auch große Verantwortung. Bitte bildet Euch zum Thema Finanzen fort oder konsultiert unabhängige Experten, bevor Ihr Euch äußert oder Entscheidungen fällt, die die Zukunft unseres Landes maßgeblich beeinflussen werden.

Hier der Link zum vollständigen Artikel.

 

 

Achim Teske Achim Teske

Achim Teske ist einer von nur rund 200 echten unabhängigen Honorar-Anlageberatern in Deutschland. Der Bankkaufmann und Diplom-Kaufmann hat 16 Jahre für globale Investmentbanken gearbeitet, darunter 10 Jahre in London und 6 Jahre in Singapur. Zuletzt war er Managing Director und Leiter des Portfolio Managements für Asien-Pazifik. Seit 2017 ist er Honorarberater. 2019 wurde er in den DIN-Normenausschuss für Finanzdienstleistungen berufen.

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