Diesem toten Gaul wird gerade die Mähne shampooniert


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Diese Woche haben einige Lebensversicherer, u. a. die Allianz, angekündigt, die laufenden Verzinsungen für ihre klassischen Versicherungen zu erhöhen.

Was auf den ersten Blick wie eine gute Nachricht klingt, ist langfristig wahrscheinlich eher ein Desaster für den Vermögensaufbau und die Altersvorsorge vieler Versicherungskunden.

Denn es besteht die Gefahr, dass Versicherungskunden sich durch die optisch attraktiven Zinsen in falscher Sicherheit wiegen und weiter in ihre Versicherungen einzahlen. Anstatt sich nach besseren Geldanlagen mit höherer Verzinsung umzusehen.

Eine der wichtigsten Regeln der Geldanlage

Die Wahl der Anlageklasse ist zu über 90 % dafür verantwortlich, wie viel Vermögen Sie aufbauen. Wer die falsche Anlageklasse wählt, hat keine Chance, reales Vermögen aufzubauen.

Es ist zum Beispiel nahezu unmöglich, mit Lebensversicherungen real Vermögen aufzubauen. Klassische Lebensversicherungen investieren in der Regel zu über 80 % in festverzinsliche Wertpapiere, die trotz der Zinswende weiterhin vergleichsweise geringe Renditen erzielen.

Unsere Analyse von über 2.000 Lebensversicherungen hat ergeben, dass die Mehrheit Renditen von weniger als 2 % pro Jahr erwirtschaftet. Und zwar auch, wenn der “Garantiezins” deutlich höher liegt.

Die Verzinsung vieler Lebensversicherungen liegt also unterhalb der Inflationsrate. Der Grund für diese niedrige Verzinsung sind auch hohe Kosten, die Sie als Kunde allerdings oft nicht sehen können.

Sie bekommen zwar jedes Jahr einen Brief von Ihren Versicherer, dieser ist aber in der Regel so geschrieben, dass die meisten Kunden nur Bahnhof verstehen und den Brief resigniert abheften.

Das tote Pferd der Geldanlage

In meiner Erfahrung ist die klassische Lebensversicherung das tote Pferd der Geldanlage. Eine minimale Erhöhung der Verzinsung durch die Versicherer ist ein Tropfen auf dem heißen Stein. Dem Gaul wird lediglich die Mähne gekämmt und shampooniert.

Das Hauptproblem für Anleger ist langfristig die Inflation. Diese hat sich in den vergangenen Monaten zwar deutlich verringert, liegt aber immer noch bei über 3 %. Den stark gestiegenen Zinsen steht also eine höhere Inflation gegenüber. Ein Nullsummenspiel für Anleger.

Die wahren Kosten von Lebensversicherungen

Versicherungen versprechen Garantien und Sicherheit.

Das Streben nach Sicherheit ist allerdings das vielleicht das größte Risiko, das man als Anleger eingehen kann. Die einzige Sicherheit, die man haben wird, ist, dass man kaum oder gar keine Rendite erwirtschaften wird.

Nehmen wir mal an, eine Lebensversicherung erzielt eine Verzinsung von 2 % pro Jahr. Dann dauert es 35 Jahre, bis sich ihr Vermögen verdoppelt!

Bei einer Anlage in Aktien hat sich ihr Geld in der Vergangenheit innerhalb von 10 Jahren verdoppelt (bei einer Rendite von 7 %).

Über 30 Jahre oder länger sprechen wir von sechs- und siebenstelligen Beträgen, die Anlegern durch die Lappen gehen, wenn sie auf niedrig verzinste Geldanlagen wie Lebensversicherungen setzen.

Das gilt übrigens grundsätzlich für alle Formen von Lebens- und Rentenversicherungen, auch Verträge der betrieblichen Altersvorsorge, Basisrenten, fondsgebundene Versicherungen und Riester-Renten.

Achim Teske Achim Teske

Achim Teske ist einer von nur rund 200 echten unabhängigen Honorar-Anlageberatern in Deutschland. Der Bankkaufmann und Diplom-Kaufmann hat 16 Jahre für globale Investmentbanken gearbeitet, darunter 10 Jahre in London und 6 Jahre in Singapur. Zuletzt war er Managing Director und Leiter des Portfolio Managements für Asien-Pazifik. Seit 2017 ist er Honorarberater. 2019 wurde er in den DIN-Normenausschuss für Finanzdienstleistungen berufen.

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