Diese Kosten werden Sie überraschen


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Wissen Sie, wie hoch die wahren Kosten Ihrer Finanzanlagen sind?

Nein? Es könnte daran liegen, dass Ihnen diese wichtigen Informationen bewusst vorenthalten worden sind. Weiter unten finden Sie ein paar Beispiele, wie hoch die Kosten von herkömmlichen Finanzdienstleistern sein können.

Aber mal von vorn. In wenigen Wochen ist es 15 Jahre her, dass die Investmentbank Lehman Brothers pleite ging und die größte Finanzkrise der jüngeren Geschichte auslöste. Das vielleicht bekannteste Symbol für die Finanzkrise wurde die “Lehman-Oma”, die noch heute für geprellte Anleger einer provisionsgetriebenen Finanzindustrie steht. Die weniger schmeichelhafte Bezeichung “AD-Kunden” (A für alt und D für dumm), die einige Banker intern verwendet haben, hat sich zum Glück nicht durchgesetzt.

Als Reaktion auf diese zahlreichen Finanzskandale hat der Gesetzgeber diverse neue Regeln für die Finanzberatung eingeführt. Zum Beispiel müssen Kunden vor dem Kauf detailliert über die Kosten Ihrer Finanzprodukte aufgeklärt werden (“Ex-ante-Kosteninformation”). Außerdem müssen Berater begründen, warum sie eine bestimmte Kapitalanlage empfehlen (“Geeignetheitsprüfung”).

Weil Kontrolle bekanntlich besser als Vertrauen ist, hat die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) vor kurzem Testkäufe bei 16 Wertpapierinstituten durchgeführt. Insgesamt wurden 100 verdeckte Beratungen durchgeführt, um die Qualität der Anlageberatung und die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften zu überprüfen.

Ergebnis: Die BaFin hat “teils erhebliche Defizite festgestellt” und spricht von “auffällig hohen Fehlerquoten”:

  • Bei 40 % der Anlageberatungen wurde keine Geeignetheitserklärung übergeben.
  • Bei 67 % der Anlageberatungen wurden keine Kosteninformationen übergeben.
  • Dies ist eine deutliche Verschlechterung im Vergleich zu den ersten Testkäufen in 2021.

Die BaFin weist jedoch darauf hin, dass keine Orders erteilt worden sind, d. h. es ist möglich, dass die fehlenden Pflichtinformationen noch ausgehändigt worden wären.

Wenn ich mir die Wertpapierdepots ansehe, die bei uns zur Prüfung eingereicht werden, überrascht es mich allerdings nicht, dass viele Banken, Sparkassen und Finanzvertriebe die Kostenausweise vielleicht lieber unter den Tisch fallen lassen. Hier eine kleine Auswahl von Wertpapierdepots, die wir überprüft haben.

  • Großbank 1: 74.533 Euro Depot, 2.141 Euro Kosten, 2,87 % Kostenquote
  • Großbank 2: 325.211 Euro Depot, 9.860 Euro Kosten, 3,02 % Kostenquote
  • Sparkasse: 143.868 Euro Depot, 5.475 Euro Kosten, 3,8 % Kostenquote
  • Finanzvertrieb: 275.982 Euro Depot, 10.278 Euro Kosten, 3,72 % Kostenquote

Diese hohen Kosten entstehen vor allem, weil die traditionelle, provisionsbasierte Finanzbranche weiterhin fast ausschließlich teure, aktiv gemanagte Fonds verkauft. In vielen Fällen auch hauseigene Produkte, die ihr Geld oft nicht wert sind. Durch einen Wechsel zu kostengünstigen ETFs lassen sich oft 80 % der Kosten einsparen.

Achtung: Was Sie oben sehen, sind nur die offenen Kosten. Hinzu kommen oft versteckte Kosten, zum Beispiel in Form von entgangenen Gewinnen, weil schlechte oder unpassende Finanzprodukte verkauft worden sind. Zum Beispiel finde ich in vielen Depot offene Immobilienfonds, deren Rendite meist im niedrigen einstelligen Prozentbereich liegen und nicht einmal die Inflation ausgleichen.

Fazit

Die von der BaFin aufgedeckten Verstöße gegen gesetzlich vorgeschriebene Pflichtinformationen sind keine Kavaliersdelikte. Denn die Höhe der Kosten ist entscheidend für Ihren langfristigen Anlageerfolg.

Falls Ihnen zu teure Finanzprodukte verkauft worden sind, könnte es sein, dass bis zu 80 % der möglichen Rendite nicht bei Ihnen ankommen. Stattdessen versickert ihr Geld als Provisionen, Kosten und Gebühren. Langfristig könnten Ihnen fünf- oder sechsstellige Beträge entgehen.

Und jetzt?

Ich habe noch keinen Depot-Check gemacht, bei dem die Kunden nicht über die Höhe der Kosten überrascht bzw. schockiert waren.

Falls Sie Depots bei provisionsbasierten Finanzdienstleistern haben, sollten Sie die Höhe der Kosten unbedingt prüfen. Sie finden die Kosten im sogenannten Ex-post-Kostenausweis, den Sie mindestens einmal pro Jahr erhalten.

Achim Teske Achim Teske

Achim Teske ist einer von nur rund 200 echten unabhängigen Honorar-Anlageberatern in Deutschland. Der Bankkaufmann und Diplom-Kaufmann hat 16 Jahre für globale Investmentbanken gearbeitet, darunter 10 Jahre in London und 6 Jahre in Singapur. Zuletzt war er Managing Director und Leiter des Portfolio Managements für Asien-Pazifik. Seit 2017 ist er Honorarberater. 2019 wurde er in den DIN-Normenausschuss für Finanzdienstleistungen berufen.

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