Die große Mogelpackung


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Dass die gesetzliche Rentenversicherung eine massive Finanzierungslücke hat, ist bekannt. Konkret: Die Zahlungen an die Rentner übersteigen die Beiträge der Werktätigen inzwischen um über 100 Milliarden Euro pro Jahr. Dies ist der mit Abstand größte Posten im Bundeshaushalt. Tendenz steigend.

Zahlreiche Experten fordern deshalb eine Erhöhung des Renteneintrittsalters auf 70 Jahre. Diese Forderung wird von der Politik allerdings konsequent ignoriert. Denn die Rentner sind mit Abstand die größte Wählergruppe, mit der sich natürlich niemand freiwillig anlegen will.

Aufgrund der unzureichenden gesetzlichen Rente haben viele Arbeitnehmer eine betriebliche Altersvorsorge, zum Beispiel eine Direktversicherung. Auf den ersten Blick sieht die betriebliche Altersvorsorge attraktiv aus: Man bekommt einen Zuschuss vom Arbeitgeber und man “spart” Steuern und Sozialabgaben, weil der Beitrag direkt vom Bruttogehalt abgezogen wird (deshalb der Name Direktversicherung).

Wie so oft steckt der Teufel allerdings im Detail, z. B. in den Versicherungsbedingungen und in der Gesetzgebung. Wenn man sich diese genauer ansieht, bemerkt man, dass die betriebliche Altersvorsorge massive Nachteile haben kann. Hier die wichtigsten Fallstricke, getrennt nach Arbeitnehmer und Arbeitgeber:

Arbeitnehmer

  • Die Betriebsrente unterliegt in der Rentenphase der Besteuerung, das heißt, man “spart” nicht unbedingt Steuern. Die Steuern werden verschoben.
  • Falls man Mitglied in einer gesetzlichen Krankenkasse ist, zahlt man bis zum Renteneintritt nur die Hälfte der Krankenkassenbeiträge. Die andere Hälfte zahlt der Arbeitgeber. Auf die Rente zahlt man später die vollen Krankenkassenbeiträge, weil es keinen Arbeitgeber mehr gibt.
  • Durch die Beiträge in die betriebliche Altersvorsorge reduzieren sich die Beiträge für die gesetzliche Rentenversicherung. Man sammelt weniger Rentenpunkte.

Arbeitgeber

  • Vielen Arbeitgebern wurde nicht deutlich gemacht, dass sie für die Pensionszusagen, die sie ihren Mitarbeitern gemacht haben, haften. Auch dann, wenn die Umsetzung an einen Versicherer oder eine Pensionsfonds übertragen wurde. Diese Haftung ist in § 1 Betriebsrentengesetz verankert.
  • Wenn Ihr Versorgungsträger nicht genug Geld erwirtschaftet, um Ihre Zusagen zu erfüllen, müssen Sie als Arbeitgeber eventuell nachschießen, um die Lücke zu stopfen.

Betrübliche Altersvorsorge

Nein, ich habe mich nicht verschrieben. Die betriebliche Altersvorsorge hält in unserer Erfahrung nur selten, was sie verspricht.

Wir haben inzwischen eine dreistellige Zahl von Verträgen der betrieblichen Altersvorsorge überprüft. Die Ergebnisse haben uns schockiert. 92 % der von uns geprüften Verträge hatten eine Verzinsung von weniger als 2 %. Das heißt, die Rendite lag unterhalb der Inflationsrate. Arbeitnehmer erleiden somit einen realen Vermögensverlust. Der Grund: Hohe Kosten und geringe Rendite, weil der Großteil der Beiträge in niedrig verzinste Anleihen fließt.

In der Mehrheit der untersuchten Fälle wäre es sogar sinnvoller gewesen, auf das “Geschenk” zu verzichten und stattdessen privat vorsorgen.

Wie kann man es besser machen?

Seit einigen Jahren gibt es eine neue und bahnbrechende Form der betrieblichen Altersvorsorge, um die es in meinem Vortrag auf der TAXarena geht.

Zeitwertkonten und Kapitalkonten: Mitarbeiter binden und Führungskräfte vergüten wie SAP, Merck & andere DAX-Konzerne

In 60 % aller Vorstellungsgespräche werden Arbeitszeit, Freizeit und Flexibilität thematisiert. Viele Mitarbeiter wünschen sich z. B. Sabbaticals für Reisen, längere Elternzeit, Teilzeit oder einen früheren Ruhestand.

Moderne Zeitwertkonten lassen diese Wünsche wahr werden. Arbeitnehmer zahlen in ihren eigenen “Topf” ein, z. B. 250 Euro/Monat. Dieses Geld wird kostengünstig und renditestark angelegt. Ganz ohne teure Versicherungen. Nach 5 Jahren könnten 20.000 Euro zur Verfügung stehen. Dieses Kapital kann z. B. für ein dreimonatiges Sabbatical verwendet werden. Oder für eine verlängerte Elternzeit. Selbstverständlich kann es auch investiert bleiben und finanziert später einen früheren Ruhestand.

Kapitalkonten können für die Altersvorsorge von Führungskräften und den Unternehmern selbst eingesetzt werden.

Arbeitgeber haben ebenfalls große Vorteile. Sie steigern ihre Attraktivität und Mitarbeiterbindung und profitieren von geringerer Fluktuation. Außerdem können Überstunden oder nicht genommener Urlaub am Jahresende monetarisiert werden und in den “Topf” fließen.

Der Clou: Zeitwertkonten und Kapitalkonten lassen sich auch kostengünstig für kleine Unternehmen einsetzen.

Achim Teske Achim Teske

Achim Teske ist einer von nur rund 200 echten unabhängigen Honorar-Anlageberatern in Deutschland. Der Bankkaufmann und Diplom-Kaufmann hat 16 Jahre für globale Investmentbanken gearbeitet, darunter 10 Jahre in London und 6 Jahre in Singapur. Zuletzt war er Managing Director und Leiter des Portfolio Managements für Asien-Pazifik. Seit 2017 ist er Honorarberater. 2019 wurde er in den DIN-Normenausschuss für Finanzdienstleistungen berufen.

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