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Die Europäische Zentralbank (EZB) hat diese Woche zum ersten Mal seit fünf Jahren die Leitzinsen gesenkt. Und zwar um 0,25 % auf 3,75 % (Einlagenzins). Die Zinssenkung wurde mit der deutlich zurückgegangenen Inflation in Europa begründet.
Weitere Zinssenkungen könnten noch in diesem Jahr folgen. Marktbeobachter sehen eine 60 %-ige Chance, dass die Leitzinsen im September abermals gesenkt werden könnten. Die EZB bleibt jedoch vorsichtig und vage und wies darauf hin, dass sie erwartet, dass die Inflationsrate bis Ende 2025 über ihrem 2 % Ziel verbleiben wird.
Zahlreiche Experten sind skeptisch, dass diese Vorhersage realistisch ist. Vor allem, weil die Inflationsrate in der Eurozone in den letzten Wochen wieder gestiegen ist. Und zwar von 2,4 % im April auf 2,6 % im Mai. Außerdem seien kürzlich erfolgte, deutliche Lohnsteigerungen noch nicht in die Inflationsraten eingeflossen. Es droht eine sogenannte Lohn-Preis-Spirale, bei der sich Preise und Löhne gegenseitig hochschaukeln.
Kurzum, die Inflation ist noch nicht besiegt. Wer auf schnelle, weitere Zinssenkungen hofft, wird möglicherweise enttäuscht. Sollte sich eine Lohn-Preis-Spirale bilden, könnten die Leitzinsen sogar wieder steigen.
In diesem Beitrag beleuchten wir, welche Auswirkungen die EZB-Entscheidgung auf die verschiedenen Anlageklassen haben könnte.
Grundsätzliches
- Die Kapitalmärkte schauen immer in die Zukunft. Die Zinssenkung der EZB war keine Überraschung, sondern weithin erwartet worden. Die Marktpreise haben sich im Vorfeld bereits angepasst.
- Die EZB hat kaum Einfluss auf die Höhe der langfristigen Zinsen. Diese werden vom Markt bestimmt.
- Zinsprodukte wie Festgeld und Tagesgeld sind grundsätzlich nicht zum realen Vermögensaufbau geeignet. Von 3,0 % Festgeldzinsen verbleiben nach 26,375 % Steuer und Soli nur 2,2 % Verzinsung. Das gleicht nicht einmal die Inflation aus. Viel gravierender sind allerdings die sogenannten Opportunitätskosten, d. h. die entgangenen Gewinne, weil das Geld nicht renditestark im Aktienmarkt investiert ist. Der Aktienmarkt hat historisch über 7 % Rendite pro Jahr erzielt. In den vergangenen 12 Monaten haben die globalen Aktienmärkte sogar im zweistelligen Prozentbereich zugelegt. Da können Zinsprodukte nicht einmal annähernd mithalten (außer Hochzinsanleihen, siehe unten).
Falls Sie mehr über die oft ungeahnten Gefahren vermeintlich attraktiver Zinsen erfahren möchten, dann lesen Sie das Interview, das ich letztes Jahr der Süddeutschen Zeitung gegeben habe. Sie finden es HIER.
Festgeld und Tagesgeld
Die gerade erfolgte Zinssenkung ist für Sparer vernachlässigbar. Die durchschnittlichen Festgeldzinsen sind bereits von 3,34 % (Dezember) auf aktuell 2,98 % gefallen. Auch die Tagesgeldzinsen sind bereits auf durchschnittlich 1,72 % gesunken.
Falls die EZB die Leitzinsen weiter senkt, werden die Festgeld- und die Tagesgeldzinsen mit hoher Wahrscheinlichkeit ebenfalls sinken. Dadurch wird beides noch unattraktiver.
Immobilienzinsen
Auch die Immobilienzinsen haben die Zinssenkung der EZB bereits vorweg genommen und sind in den vergangenen 9 Monaten um rund 0,5 % auf um die 4 % (10 Jahre Laufzeit) gefallen.
Falls die EZB die Zinsen weiter senkt, könnten die Bauzinsen ebenfalls fallen. Die große Frage ist allerdings, wie viel der für September erwarteten Zinssenkung bereits in die Bauzinsen eingepreist ist.
Anleihen
Die Zinsstrukturkurve ist weiterhin invers, d. h. dass die langfristigen Anleihezinsen niedriger als die kurzfristigen Anleihezinsen sind.
Die Zinsen für eine 1-jährige Bundesanleihe liegen aktuell bei 3,6 %. Die 10-jährige Bundesanleihe hat eine Verzinsung von nur 2,6 %. Die 10-jährige Bundesanleihe scheint also bereits weitere Zinssenkungen eingepreist zu haben. Falls diese nicht geschehen, kann dies teuer für Investoren werden, die in langlaufende Anleihen investiert haben.
Und jetzt?
Die erste Zinssenkung seit 5 Jahren war zum großen Teil ein symbolischer Schritt mit limitierten Auswirkungen. Sozusagen eine Mini-Zinswende, bei der es unklar ist, wie es weitergeht.
Geld, das Sie langfristig nicht benötigen, gehört weiterhin in den Aktienmarkt. Falls Sie Geld kurzfristiger parken möchten bzw. müssen, dann tun Sie dies am besten in kurzlaufenden Staatsanleihen und Unternehmensanleihen hoher Bonität. Sie erhalten hier immer noch bis zu 4 % Zinsen. Deutlich mehr als bei den meisten Banken und Sparkassen. Und das bei täglicher Verfügbarkeit und mit Summen über 100.000 Euro.
Falls Sie Ihr Geld etwas länger in Anleihen anlegen möchten, dann könnten Hochzinsanleihen interessant sein. Diese erzielen aktuell um die 6 % Rendite bei deutlich geringeren Schwankungen als Aktien.
Falls Sie erfahren möchten, wie das funktioniert, dann buchen Sie jetzt Ihr kostenfreies Informationsgespräch.
Achim Teske ist einer von nur rund 200 echten unabhängigen Honorar-Anlageberatern in Deutschland. Der Bankkaufmann und Diplom-Kaufmann hat 16 Jahre für globale Investmentbanken gearbeitet, darunter 10 Jahre in London und 6 Jahre in Singapur. Zuletzt war er Managing Director und Leiter des Portfolio Managements für Asien-Pazifik. Seit 2017 ist er Honorarberater. 2019 wurde er in den DIN-Normenausschuss für Finanzdienstleistungen berufen.