Das teure Missverständnis bei
Dividendenaktien


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Diese Woche gab es spannende Nachrichten von zwei prominenten Unternehmen: Mercedes-Benz und Apple.

Mercedes Benz hatte ein schlechtes Quartal. Der Aktienkurs fiel 5 %.

Bei Apple gab es gute Nachrichten. Das Unternehmen kündigte das größte Aktienrückkaufprogramm seiner Firmengeschichte im Wert von 110 Milliarden US-Dollar an. Der Aktienkurs stieg um 7 %.

Interessanterweise finde ich die Mercedes-Aktie in vielen Privatanleger-Depots, die mir zur Prüfung eingereicht werden. Die Apple-Aktie finde ich eher selten. Wenn ich frage, warum Anleger die Mercedes-Aktie im Depot haben, bekomme ich in der Regel die folgende Antwort:

“Mercedes wurde mir wegen seiner hohen Dividende empfohlen.”

Zur Erinnerung: Wenn Sie als Aktionär an einem Unternehmen beteiligt sind, dem es gut geht, dann bekommen Sie jedes Jahr eine Gewinnausschüttung, die sogenannte Dividende. Die Dividendenrendite von Aktiengesellschaften liegt in der Regel zwischen 1 % und 3 % pro Jahr (gemessen am Börsenwert).

Es gibt allerdings auch Unternehmen, die Dividendenrenditen von 5 % oder mehr haben. Hier spricht man auch von “Dividendenaktien”.

Eine davon ist Mercedes. Die aktuelle Dividendenrendite von Mercedes liegt bei satten 7,4 %. Das ist aktuell die zweithöchste Dividendenrendite aller DAX-Unternehmen. Zum Vergleich: Die Dividendenrendite von Apple liegt bei 0,5 %.

Was dabei oft übersehen wird: Eine hohe Dividendenrendite ist kein Qualitätsmerkmal und keine Garantie dafür, dass man mit einer Aktie Geld verdient.

Die Dividendenrendite einer Aktie ist irreführend

Die Gesamtrendite einer Aktie setzt sich aus zwei Bestandteilen zusammen:

  • den Dividenden und
  • den Kursgewinnen

Summiert man die beiden Elemente, erhält man den “Total Return” (deutsch: Gesamtertrag). Nur diese Zahl ist relevant.

Mercedes hat zwar eine attraktive Dividendenrendite. Allerdings hat sich der Aktienkurs in den letzten 10 Jahren nur marginal von 54 Euro auf 72 Euro erhöht. Rechnet man die Dividenden dazu, ergibt sich ein Gesamtertrag von 83 % in 10 Jahren. Das hört sich eigentlich gar nicht schlecht an.

Aber wie fast immer im Leben: Alles ist relativ.

Die Apple Aktie hat im selben Zeitraum einen Gesamtertrag von 812 % erzielt. Obwohl das Unternehmen nur eine mickrige Dividende zahlt.

“Unfairer Vergleich!” sagen Sie. Zu Recht.

Apple ist eines der erfolgreichsten Unternehmen der vergangenen Jahre. Die Aktie ist in den letzten Jahren förmlich durch die Decke gegangen.

Deshalb ziehen wir den MSCI World als Vergleichsmaßstab heran. Zur Erinnerung: Der MSCI World ist ein Aktienkorb, der aus 1.500 Unternehmen der Industriestaaten besteht. 

Der Gesamtertrag des MSCI World betrug in den vergangenen 10 Jahren 202 %.

Mit anderen Worten: Investoren hätten mehr als doppelt so viel Geld verdient, wenn sie einfach in den “langweiligen” MSCI World Index anstatt in Mercedes investiert hätten. Bei gleichzeitig deutlich geringerem Risiko.

Hier die 10-Jahres-Gesamterträge anderer namhafter Aktien, die ich oft bei Depot-Checks vorfinde und die in der Regel aufgrund ihrer hohen Dividenden gekauft werden. Die Aktien sind nach ihrer Dividendenrendite sortiert.

  • Volkswagen: Minus 5 % Gesamtrendite (7,8 % Dividendenrendite)
  • BASF: Minus 1 % Gesamtrendite (6,9 % Dividendenrendite)
  • BMW: 58 % Gesamtrendite (5,9 % Dividendenrendite)
  • Allianz: 182 % Gesamtrendite (5,2 % Dividendenrendite)
  • Deutsche Post: 93 % Gesamtrendite (4,7 % Dividendenrendite)

Das Bild ist klar: Mit Ausnahme der Allianz haben diese “Dividendenkönige” den globalen Aktienmarkt massiv underperfomed. Aktionäre dieser Unternehmen haben deutlich weniger Ertrag erzielt, als möglich gewesen wäre. 

Eine hohe Dividendenrendite ist übrigens nicht nur irreführend. Sie kann auch ein Warnsignal sein, dass ein Unternehmen auf dem absteigenden Ast ist. Weil zum Beispiel die hohe Dividendenrendite durch einen stark gefallenen Aktienkurs verursacht wurde.

Ein aktuelles Beispiel ist Bayer. Bayer hatte bis vor kurzem eine Dividendenrendite von rund 4 %. Im Februar kürzte das Unternehmen seine Dividende um 95 %. Trotz der relativ hohen Dividendenrendite betrug die Gesamtrendite von Bayer in den vergangenen 10 Jahren übrigens minus 49 %. Sie haben richtig gelesen. Bayer-Aktionäre haben in den vergangenen 10 Jahren trotz hoher Dividendenzahlungen die Hälfte Ihres Geldes verloren. Mit einem simplen Buy-and-Hold Investment hätten sie ihr Geld im selben Zeitraum verdreifacht.

Es gibt noch einen weiteren Grund, warum Dividendenaktien meist keine gute Idee sind: Dividenden müssen mit 25 % Kapitalertragsteuer plus Soli versteuert werden. Dies ist eine unnötige Steuerzahlung, falls das Geld gar nicht benötigt wird, sondern nach der Ausschüttung direkt reinvestiert wird.

Deshalb zahlt Apple auch nur eine geringe Dividende und nutzt stattdessen Aktienrückkäufe, um Geld an seine Anleger auszuschütten. Jeder Aktionär kann sich überlegen, ob er Aktien an Apple zurückgibt oder nicht. Es werden keine unnötigen Steuern durch Ausschüttungen nach dem Gießkannenprinzip ausgelöst.

Apple ist keine Ausnahme. Viele der Top-Aktien der vergangenen Jahre, z. B. Amazon, Google, Facebook, zahlen geringe oder gar keine Dividenden. Berkshire Hathaway, die Anlagegesellschaft des legendären Investors Warren Buffett, hat in den vergangenen 50 Jahren nicht eine einzige Dividende gezahlt. In diesem Zeitraum hat die Aktie von 80 US-Dollar auf heute 603.000 US-Dollar zugelegt (kein Schreibfehler!).

Dieser namhafte Aktienfonds wird oft deutlich überschätzt

Auf globaler Sicht haben Aktien mit hohen Dividenden in der Vergangenheit ebenfalls schlechter abgeschnitten als “normale” Aktien. Von Juni 2005 bis Januar 2024 hat der MSCI World High Dividend Standard Index eine jährliche Rendite von 7,7 % erzielt. Die Rendite des “normalen” MSCI World Index lag bei 9,1 % (Quelle: Gerd Kommer).

In Anbetracht dieser systematischen Underperformance von Dividendenaktien ist es überraschend, dass gerade ein Fonds, der genau auf diese Art von Aktien setzt, zu einem der größten deutschen Publikumsfonds werden konnte. Ich spreche vom DWS Top Dividende. Nebenbemerkung: Der Erfolg des Fonds hat möglicherweise etwas mit der Vertriebsstärke der Deutschen Bank zu tun, dem Eigentümer von DWS. Oder der Tatsache, dass freie Vermittler, die auf Provisionsbasis arbeiten, in der Regel eine Abschlussprovision und einen jährlichen Kickback von der DWS erhalten. Diese Kosten werden übrigens von den Anlegern getragen.

Die durchschnittliche jährliche Rendite des DWS Top Dividende lag im selben Zeitraum übrigens bei 6,6 %. D. h. um 2,5 % unter dem MSCI World. Eine Einmalanlage von 100.000 Euro im Juni 2005 hätte nach 18 Jahren die folgenden Ergebnisse gebracht: 

  • DWS Top Dividende: 315,958 Euro
  • MSCI World: 479.562 Euro

Mit dem MSCI World hätten Anleger also mehr als 160.000 Euro zusätzlich verdient.

Und jetzt?

Investments in Dividendenaktien lohnen sich selten und sind steuerlich nachteilig.

Profis investieren ihr Geld deshalb in sogenannte thesaurierende Fonds, idealerweise kostengünstige ETFs. Thesaurierende Fonds machen keine Ausschüttungen, sondern legen alle Dividenden sofort neu an.

Falls man als Anleger Geld entnehmen möchte, verkauft man ganz einfach Fondsanteile. Der große Vorteil ist, dass man selbst kontrolliert, wann und wie hohe Ausschüttungen man erhält. Nicht die Aktiengesellschaft oder ein Fondsmanager.

In meiner Beratungspraxis setzte ich fast ausschließlich thesaurierende ETFs ein, um die Steuerzahlungen meiner Mandanten zu minimieren. Falls Ausschüttungen gewünscht sind, werden diese über einen maßgeschneiderten und systematischen Entnahmeplan gesteuert.

PS: Der DWS Top Dividende ist nicht der einzige namhafte Aktienfonds, der sich deutlich schlechter als sein Vergleichsmarkt entwickelt hat. Laut Studien schaffen es weniger als 10 % aller herkömmlichen, aktiven Fonds, ihren Vergleichsindex nach Kosten zu übertreffen. Dadurch bekommen Anleger deutlich weniger Rendite als möglich wäre.

Falls Ihnen aktive Fonds auf Provisionsbasis verkauft worden sind, entgeht Ihnen wahrscheinlich viel Geld. Falls Sie die Wahrheit über Ihre Fonds wissen wollen, dann vereinbaren Sie ein kostenfreies Informationsgespräch.

Achim Teske Achim Teske

Achim Teske ist einer von nur rund 200 echten unabhängigen Honorar-Anlageberatern in Deutschland. Der Bankkaufmann und Diplom-Kaufmann hat 16 Jahre für globale Investmentbanken gearbeitet, darunter 10 Jahre in London und 6 Jahre in Singapur. Zuletzt war er Managing Director und Leiter des Portfolio Managements für Asien-Pazifik. Seit 2017 ist er Honorarberater. 2019 wurde er in den DIN-Normenausschuss für Finanzdienstleistungen berufen.

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