Das größte Risiko & Mein Wort des Jahres


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Das Forschungsinstitut Statista veröffentlicht jedes Jahr eine Liste der Berufsgruppen, die das höchste und geringste Vertrauen in der Bevölkerung genießen.

An der Spitze der Vertrauensrangliste stehen Ärzte, Feuerwehrleute und Krankenpfleger.

Können Sie erraten, welcher Berufsgruppe die Menschen das geringste Vertrauen entgegenbringen?

Ich gebe Ihnen einen Tipp. Der Volksmund hat ja sehr oft recht. Wohl auch in diesem Fall, zumindest beim zweiten Teil.

“Wer nichts wird – wird Wirt.”

“Und ist ihm nicht mal das gelungen, dann macht er in Versicherungen.”

Die Berufsgruppe, der am wenigsten vertraut wird, sind die Versicherungsvertreter. Irgendwie schon überraschend, dass Millionen von Menschen ihnen trotzdem ihre Altersvorsorge anvertrauen, oder?

Auf dem vorletzten Platz liegen übrigens die Politiker. Auch nicht überraschend, wenn man z. B. die aktuellen Kontroversen um den Bundeshaushalt 2024 betrachtet. Mir ist dabei besonders die Debatte um das Elterngeld für Besserverdiener im Gedächtnis geblieben, bei der es um Einsparungen von 290 Millionen Euro pro Jahr geht.

Sicherlich kein kleiner Betrag. Allerdings ein Tröpfchen auf dem heißen Stein, wenn man sich das große Ganze ansieht.

Der Bundeshaushalt 2024 beträgt 446 Milliarden Euro. Der mit weitem Abstand größte Posten – 127 Milliarden Euro oder 28 % – ist der Zuschuss zur gesetzlichen Rentenversicherung. Im Vergleich zu 2023 ist das Loch in der Rentenkasse damit um 7 Milliarden Euro gewachsen. Tendenz: Steigend.

Wissenschaftler warnen, dass der Anteil des Rentenzuschusses im Jahr 2040 auf 40 % und im Jahr 2060 auf 55 % des Bundeshaushalts steigen könnte. Diese Ausgaben wären selbst mit massiven Steuererhöhungen nicht mehr finanzierbar. Eine Reform der Rentensysteme ist dringend nötig; das ist schon seit langem klar. Der politische Wille, das Thema auch ernsthaft anzugehen, ist leider nicht klar zu erkennen.

Vielleicht sind Sie Freiberufler und denken: Was geht mich die gesetzliche Rente an? Sie sind leider auch betroffen, denn die Versorgungswerke haben ähnliche Probleme, d. h. Langlebigkeit. Selbst wenn Sie Unternehmer sind und ausschließlich privat vorsorgen, sind Sie nicht aus dem Schneider.

Denn irgendjemand wird die Zeche irgendwann bezahlen müssen. In Form von Steuern. Und die Historie zeigt, dass dies in der Regel die Vermögenden sein werden. Am Ende werden es die Politiker entscheiden. D. h. die Berufsgruppe, die den vorletzten Platz in der Vertrauens-Rangliste belegt. Und seit Jahrzehnten beweist, dass sie nicht mit Geld umgehen kann.

Wir kommen zu meinem Wort des Jahres:

De-risking, d. h. das Minimieren von Risiken.

Sie kennen das Wort im Zusammenhang mit der neuen Strategie, unsere Abhängigkeit von China als Handelspartner zu reduzieren. Denn für die deutsche Wirtschaft ist China ein sogenanntes Klumpenrisiko. Das ist auch einer der Gründe dafür, dass der DAX im Vergleich zu vielen anderen Aktienindizes schlechter abschneidet (siehe Blogbeitrag der letzten Woche).

Es gibt allerdings noch ein weiteres Klumpenrisiko, dessen sich viele Menschen wahrscheinlich nicht bewusst sind. Es heißt Deutschland.

Wir haben unsere Jobs, Unternehmen, Kanzleien, Praxen, Eigenheime, Anlageimmobilien, Ferienhäuser und Rentenansprüche in Deutschland. In der Regel sind über 90 % unseres Lebens und unserer Finanzen eng mit Deutschland verbunden.

Das Problem: Es ist völlig unklar, wie unser Land in 10 oder 20 Jahren aussehen wird. Stichworte: Klimawandel, Demografie und Einwanderung.

Bitte nicht falsch verstehen. Ich spreche nicht davon, dass Sie alles verkaufen und die Beine in die Hand nehmen sollen. Ich bin ein pragmatischer Optimist. Ich hoffe auf das Beste, aber ich bereite mich auf das Schlimmste vor.

Wovon ich spreche, ist intelligentes Risikomanagement. Das bedeutet konkret: Nicht alle Eier in einen Korb zu legen. Zum Beispiel haben viele Menschen ihr Vermögen mit Immobilien aufgebaut. Was nicht allgemein bekannt ist: Immobilien hatten aufgrund der Niedrigzinsphase der letzten 10 Jahre “Sonderkonjunktur”. Die historische Rendite von Wohnimmobilien (1900 bis 2017) ist mit 2,4 % pro Jahr (nach Inflation) eher moderat.

Deutlich besser haben Aktien abgeschnitten, die im selben Zeitraum eine Rendite von 5,2 % (nach Inflation) erzielt haben. Interessanterweise sind Aktien auch die beliebteste Geldanlage unter den Superreichen (Quelle: UBS).

Und jetzt?

Sie können Ihr Klumpenrisiko Deutschland auf einfache Weise reduzieren:

  1. Zahlen Sie nur den minimalen Beitrag in die gesetzliche Rente oder Ihr Versorgungswerk ein.
     
  2. Schließen Sie keine Verträge ab, bei denen Sie die Kontrolle über Ihr Geld verlieren und auf Steuervorteile hoffen, z. B. Basisrenten (Rürup-Renten).
     
  3. Beginnen Sie, in ein weltweit streuendes Wertpapier-Portfolio zu investieren. So machen es viele der erfolgreichsten Investoren der Welt, z. B. der Norwegische Staatsfonds.
Achim Teske Achim Teske

Achim Teske ist einer von nur rund 200 echten unabhängigen Honorar-Anlageberatern in Deutschland. Der Bankkaufmann und Diplom-Kaufmann hat 16 Jahre für globale Investmentbanken gearbeitet, darunter 10 Jahre in London und 6 Jahre in Singapur. Zuletzt war er Managing Director und Leiter des Portfolio Managements für Asien-Pazifik. Seit 2017 ist er Honorarberater. 2019 wurde er in den DIN-Normenausschuss für Finanzdienstleistungen berufen.

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