Der Nobelpreisträger Paul Krugman ist für folgendes Zitat bekannt:
“Handelskriege sind Konflikte, bei denen jede Seite den Großteil ihrer Munition dazu verwendet, sich selbst ins Knie zu schießen“.
Donald Trump scheint da anderer Meinung zu sein. Er glaubt, er kann der Welt seinen Willen aufzwingen, die Uhr 50 Jahre zurückdrehen und die Globalisierung und den Welthandel stoppen. Er denkt, er kann die globalen Lieferketten, die über Jahrzehnte aufgebaut worden sind, auflösen und dafür sorgen, dass sich mehr Unternehmen in den USA ansiedeln.
Die Reaktion der globalen Aktienmärkte zeigt ein anderes Bild: Trump ist weit über das Ziel hinausgeschossen. Zum Schaden der USA.
Trump Kriegserklörung hat zu großer Unsicherheit und zweistelligen prozentualen Kursrückgängen an den globalen Aktienmärkten geführt. Hier die aktuellen Indexstände. In Klammern sehen Sie das Minus im Vergleich zum historischen Höchststand und das Datum des Allzeithochs.
DAX | 20.313 Punkte (minus 12,8 %, 18.03.2025) |
Euro Stoxx 50 | 4.823,18 Punkte (minus 13,3 %, 06.03.2025) |
MSCI World | 3.326 (minus 14,9 %, 18.02.2025) |
S&P 500 | 5.074,08 (minus 17,4 %, 19.02.2025) |
Nikkei | 33.781 Punkte (minus 17,9 %, 08.07.2024) |
NASDAQ | 17.398 (minus 21,7 %, 19.02.2025) |
Interessanterweise sind die US-Börsen am stärksten abgestürzt. Die Wahrscheinlichkeit einer Rezession in den USA ist deutlich gestiegen. Wirtschaftsexperten schätzen, dass die Strafzölle kurzfristig über 5 Millionen Arbeitsplätze in den USA vernichten könnten.
Zur besseren Einordnung. Die letzte große Börsenkrise war die Corona-Krise vor ziemlich genau 5 Jahren. Selbst nach den deutlichen Kursrückgangen der vergangenen Monate stehen die meisten globalen Aktienmärkte immer noch mehr als 50 % höher als im März 2020.
Die aktuellen Bewertungen
Sehen wir uns die aktuellen Bewertungen der wichtigsten globalen Aktienmärkte an. Ein häufig genutzter Maßstab ist das sogenannte Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV). Es setzt den Jahresgewinn eines Unternehmens ins Verhältnis zu seinem aktuellen Börsenwert. Faustformel: Der historische Durchschnitt liegt ungefähr bei 15, d. h. Aktiengesellschaften werden durchschnittlich mit dem 15-fachen ihres Jahresgewinns bewertet.
Achtung: Das KGV ist nur ein grober Maßstab und die Bewertungen verschiedener Branchen & Unternehmen können extrem variieren.
Hier ein paar aktuelle Bewertungen (KGVe):
- US-Tech-Unternehmen: 30,8
- MSCI World: 21,9
- US-Gesamtmarkt: 20,8
- Deutschland: 14,3
- Europa: 13,9
- Japan: 13,6
- US-Nebenwerte: 12,9
- Schwellenländer: 12,1
- China: 11,4
Was sofort auffällt: Es gibt eine große Bewertungsdifferenz zwischen den USA und dem “Rest der Welt”.
Besonders die US-Tech-Unternehmen erscheinen aktuell immer noch relativ teuer. Da sie einen hohen Anteil am MSCI World haben, haben sie diesen Index mit nach oben gezogen.
Der “Rest der Welt” befindet sich hingegen in der Nähe oder unterhalb des historischen Mittelwerts. Wer also gerne “günstig” einkauft, wird hier möglicherweise Schnäppchen finden. Vor allem Europa, die Schwellenländer und Nebenwerte erscheinen attraktiv bewertet.
Hinweis aus der Praxis: Unsere wissenschaftlich konstruierten Kundenportfolios haben aktuell ein durchschnittliches KGV von circa 15. Das heißt, sie sind 50 % günstiger bewertet als der US-Aktienmarkt.
Diese Optionen haben Anleger
Anleger haben aktuell drei Handlungsmöglichkeiten. Was Sie tun, hängt am Ende von Ihren Zielen, Ihre Anlagestrategie und Ihrem Anlagehorizont ab.
Option 1: Verkaufen
Anleger, die denken, dass die Lage sich eher verschlimmern wird, könnten verkaufen und versuchen, zu einem späteren Zeitpunkt wieder einzusteigen. Hoffentlich zu geringeren Kursen. Diese Strategie wird von zahlreichen Bloggern und anderen vermeintlichen Experten propagiert.
Das Problem, wenn man aus dem Markt rausgeht: Wann geht man wieder rein? Idealerweise am Tiefpunkt. Der Tiefpunkt bringt jedoch in der Regel mit sich, dass die Stimmung komplett am Boden ist. Anleger sind dann oft so gelähmt, dass sie an alles andere denken, nur nicht an den Aktienkauf. Profis geht es übrigens nicht anders. Das kann ich Ihnen aus meinen 16 Jahren Investmentbanking-Erfahrung, die ich vor allem in Handelssälen verbracht habe, bestätigen.
Um es kurz zu machen. Es gibt ganze Bibliotheken, die mit wissenschaftlichen Studien gefüllt sind, die belegen, dass dieses sogenannte “Market-Timing” nicht funktioniert. Einer der Gründe ist, dass eine Erholung sehr schnell passieren kann und Investoren es nicht schaffen, die Erholung zu erkennen und rechtzeitig wieder einzusteigen. Viele Anleger, die einmal aussteigen, steigen nie wieder ein. Die langfristigen Kosten einer solchen Strategie können also exorbitant sein.
Option 2: Stillhalten („Buy and Hold“)
Falls Sie Immobilien besitzen, ist der Wert Ihrer Immobilien seit der überraschenden Zinswende vor 2 Jahren wahrscheinlich zwischen 10 % und 20 % gefallen.
Macht Sie das nervös? Haben Sie darüber nachgedacht, ihre Immobilien zu verkaufen? Wahrscheinlich nicht. Es sei denn, Sie benötigen Barmittel oder die Refinanzierung einer Immobilie steht an und Ihre neue Rate ist so hoch, dass Sie sich diese nicht mehr leisten können.
Aktien sind Immobilien nicht unähnlich. Beides sind langfristige Investitionen, mit denen man in den vergangenen 100 Jahren die höchsten Renditen erzielen konnte. Wenn man geduldig geblieben ist.
Aktienanleger, die ihre Wertpapier-Portfolio sauber konstruiert haben, müssen keine Angst vor der aktuellen Krise haben. Mit sauber konstruiert meine ich:
- Man hat nur Geld in Aktien investiert, das man für längere Zeit nicht braucht.
- Das Aktienportfolio ist mit ETFs breit diversifiziert und beinhaltet tausende von Aktien.
- Man hat einen ausreichenden Liquiditätspuffer in Form von kurzlaufenden Anleihen hoher Bonität.
Falls man diese Kriterien erfüllt, kann man die aktuelle Krise einfach aussitzen. Denn, statistisch betrachtet, werden die Aktienmärkte in 10 Jahre wahrscheinlich deutlich höher stehen als heute.
Option 3: Nachkaufen („Buy the Dip“)
Eine alte Kaufmannsregel besagt: „Der Gewinn liegt im Einkauf.“
Anleger können die aktuellen Kursrückgänge nutzen, um Aktien zu kaufen. Dies ist eine sinnvolle Strategie, wenn man davon ausgeht, dass die Märkte langfristig höher notieren werden als heute (was ich tue). Sieht man sich die aktuellen Bewertungen an, könnte diese Strategie vor allem außerhalb der USA und für Nebenwerte sinnvoll sein.
Achtung: Diese Strategie eignet sich vor allem für Anleger mit starken Nerven. Denn es besteht die Gefahr, in ein fallendes Messer zu greifen. Falls Trump weiter eskaliert bzw. keinen Rückzieher macht, könnten die globalen Börsen weiter fallen.
Fazit
Wir haben aktuell so genannte politische Börsen. Das heißt: Die Kapitalmärkte werden von den Entscheidungen Donald Trumps bestimmt.
Die zentrale Frage, die sich die gesamte Welt zu stellen scheint, ist:
Was wird der Zollpfosten Donald Trump als nächstes tun?
Ich traue mir nicht zu, diese Frage zu beantworten.
Kleine Anekdote am Rande: 2012 sagte Donald Trump, dass der President der USA sofort des Amtes enthoben werden sollte, falls der Dow Jones an zwei aufeinander folgenden Tagen mehr als 1.000 Punkte verlieren sollte. Am Freitag stürzte der Dow Jones um fast 1.783 Punkte ab. Trump ist aber irgendwie immer noch da und scheint auch keine Anstalten zu machen, sein Amt niederzulegen. Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern.
Eine alte Börsenweisheit lautet: „Politische Börsen haben kurze Beine”. Soll heißen: Alles kann sich sehr schnell ändern.
Diese politische Börse könnte durchaus längere Beine haben. Dennoch: Was Trump macht, widerspricht jeglicher wirtschaftlicher Logik. Die Begründungen für die Zölle sind abstrus. Der Widerstand ist bereits jetzt massiv. Die Stimmung in den USA könnte sich schnell drehen, wenn die Wirtschaft den Bach runtergeht.
Ich schliesse mit einem Zitat des vielleicht coolsten Hamburgers, Udo Lindenberg:
“Keine Panik”.
PS: Falls die aktuelle Situation die Panik in Ihnen aufsteigen lässt, dann melden Sie sich.

Achim Teske ist einer von nur rund 200 echten unabhängigen Honorar-Anlageberatern in Deutschland. Der Bankkaufmann und Diplom-Kaufmann hat 16 Jahre für globale Investmentbanken gearbeitet, darunter 10 Jahre in London und 6 Jahre in Singapur. Zuletzt war er Managing Director und Leiter des Portfolio Managements für Asien-Pazifik. Seit 2017 ist er Honorarberater. 2019 wurde er in den DIN-Normenausschuss für Finanzdienstleistungen berufen.