Risiko
Das sagt eine Investment-Legende


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Diese Woche habe ich ein brillantes Video-Interview mit einem Mann gesehen, über den Warren Buffett, der erfolgreichste Investor der vergangenen 50 Jahre sagt:

“Wenn ich seine Memos in meiner Inbox sehe, lasse ich alles stehen und liegen. Jedes Mal lerne ich etwas Neues.”

Die Rede ist von Howard Marks, dem Gründer von Oaktree, einem 200 Milliarden-Fonds, der sich auf komplexe Anlagen, vor allem Hochzinsanleihen und notleidende Kredite spezialisiert hat. Der Mann kennt sich also bestens mit dem Thema “Risiko” aus, was ihn zu einem mehrfach Milliardär gemacht hat. Seine legendären “Memos” veröffentlicht er inzwischen seit über 20 Jahren.

Eine Zusammenfassung des gesamten Interviews würde den Rahmen dieses Beitrags sprengen. Ich konzentriere mich deshalb auf Howard Marks‘ vielleicht wichtigsten Ratschlag für Anleger.

Die meisten Anleger sorgen sich, dass sie beim Investieren Geld verlieren könnten. Das führt dazu, dass viele Anleger so gut wie alles tun, um Risiken zu vermeiden. Das ist nachvollziehbar. Leider ist es kontraproduktiv.

Denn durch diese Risikoaversion entsteht ein anderes Risiko, das oft viel größer ist: Das Risiko, dass Anleger nicht genug Vermögen aufbauen, um Ihren gewohnten Lebensstil im Alter zu halten. Oder sich gegen teure Eventualitäten abzusichern, z. B. jahrelange Pflege.

Mellody Hobson hat es wie folgt ausgedrückt:

„Das größte Risiko ist, gar keines einzugehen.“

Das häufigste Problem, das ich in meiner täglichen Beratungspraxis sehe, ist, dass Anleger zu viel Barmittel halten oder zu viel in Zinsprodukte wie z. B. Tagesgeld investieren. Das Geld liegt quasi nur herum, anstatt zu arbeiten.

Nach vielen Jahren mit niedrigen Zinsen oder sogar Strafzinsen fühlen sich z. B. 3 % Tagesgeldzinsen natürlich gut an und man kann am langsam wachsenden Kontostand beobachten, wie man nahezu risikofrei Geld verdient. 

Die Kehrseite der Medaille: Seit der Zinswende im Jahr 2022 sind die globalen Börsen im zweistelligen Prozentbereich gestiegen. Leider ist dieser Aufschwung an den meisten Deutschen vorbeigegangen, weil die Quote der Aktienbesitzer in unserem Land weiterhin bei weniger als 20 % liegt.

Andre Kostolany ist für das folgende Bonmot bekannt: 

„Wer Aktien nicht hat, wenn sie fallen, hat sie auch nicht, wenn sie steigen.”

Das Eingehen von Risiken und (temporären) Wertschwankungen gehört somit zur Geldanlage. Wer nichts riskiert, verdient auch kein Geld. Kursschwankungen sind aber kein Problem, wenn man langfristig denkt und nicht gezwungen ist, seine Aktien während der Krisenzeiten zu verkaufen, zum Beispiel weil man Geld benötigt.

Kursschwankungen sind eher wie Turbulenzen beim Fliegen. Sie sind unangenehm, aber tief in sich drin weiß man, dass das Flugzeug nicht abstürzen wird. Man schnallt sich an, stellt den Tomatensaft, Champagner, etc. zur Seite und wartet ab, bis sich die Lage beruhigt. 

Und jetzt?

Zurück zu Howard Marks. Er empfiehlt, dass Anleger kein “Market Timing” betreiben sollten. Market Timing ist der Versuch, den idealen Zeitpunkt zum Kauf einer Aktie zu finden. Dieser Versuch wird in der Regel nicht funktionieren. Stattdessen sollte man versuchen, Wertpapiere zu kaufen, die günstig sind. Das ist natürlich leichter gesagt, als getan. Auch deshalb, weil Anleger permanent mit Neuigkeiten und Anlageideen befeuert werden. 

Drei der aktuell am meisten diskutierten Fragen an den Kapitalmärkten sind:

  1. Was wird Donald Trump tun?
  2. Kriegt China wirtschaftlich die Kurve?
  3. Sind US-Technologiewerte massiv überbewertet?

Auch wenn die Finanzpresse Ihnen möglicherweise etwas anderes erzählt: Niemand weiß die Antworten auf diese drei Fragen. Denn keiner hat eine Glaskugel.

Die gute Nachricht: Die aktuelle Situation ist langfristig nicht entscheidend. Viel interessanter ist die Frage, wie die aktuellen Bewertungen an den Märkten aussehen. Das heißt: Was ist “teuer” und was ist “günstig”?

Ein häufig genutzter Maßstab ist das sogenannte Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV). Es setzt den Jahresgewinn eines Unternehmens ins Verhältnis zu seinem aktuellen Börsenwert. Faustformel: Der historische Durchschnitt liegt ungefähr bei 15, d. h. Aktiengesellschaften werden durchschnittlich mit dem 15-fachen ihres Jahresgewinns bewertet. 

Achtung: Das KGV ist nur ein grober Maßstab und die Bewertungen verschiedener Branchen & Unternehmen können extrem variieren.

Hier ein paar aktuelle Bewertungen (KGV):

  • US-Tech-Unternehmen: 31,0
  • US-Gesamtmarkt: 22,6
  • MSCI World: 21,8
  • Japan: 14,1
  • Europa: 13,3
  • Deutschland: 12,8
  • US-Nebenwerte: 12,6
  • Schwellenländer: 11,8
  • China: 9,9

Was auffällt: Es gibt eine große Bewertungsdifferenz zwischen den USA und dem “Rest der Welt”.

Die US-Tech-Unternehmen, wie z. B. Nvidia, Apple und Microsoft, erscheinen aktuell recht teuer. Da sie einen hohen Anteil am MSCI World haben, haben sie diesen Index mit nach oben gezogen. Nur nebenbei: Das tun die US-Tech-Unternehmen schon seit langem und das kann natürlich auch so weitergehen. Es ist trotzdem verständlich, dass zahlreiche Marktbeobachter beim MSCI World zur Vorsicht raten.

Der Rest der Welt befindet sich in der Nähe oder unterhalb des historischen Mittelwerts. Wer also gerne “günstig” einkauft, wird hier möglicherweise Schnäppchen finden. Vor allem die Schwellenländer und kleine Aktiengesellschaften (“Nebenwerte”) erscheinen attraktiv bewertet.

Fazit

Wer Vermögen aufbauen oder schützen möchte, kommt nicht um Aktien herum. Auch in Zukunft werden die Erträge der Aktionäre wahrscheinlich deutlich über denen der Sparer liegen. 

Obwohl viele Aktienmärkte sich in der Nähe ihrer Allzeithochs befinden, unterscheiden sich die Bewertungen stark und zahlreiche Märkte sind “günstig” bewertet.

Wer langfristig denkt und investiert und akzeptiert, dass die Aktienmärkte schwanken werden, kann den Löwenanteil seines Kapitals in den Aktienmarkt investieren. Auch zu den aktuellen Bewertungen.

Hier der Link zum Video-Interview mit Howard Marks (auf Englisch)

„How to Think About Risk with Howard Marks“

Achim Teske Achim Teske

Achim Teske ist einer von nur rund 200 echten unabhängigen Honorar-Anlageberatern in Deutschland. Der Bankkaufmann und Diplom-Kaufmann hat 16 Jahre für globale Investmentbanken gearbeitet, darunter 10 Jahre in London und 6 Jahre in Singapur. Zuletzt war er Managing Director und Leiter des Portfolio Managements für Asien-Pazifik. Seit 2017 ist er Honorarberater. 2019 wurde er in den DIN-Normenausschuss für Finanzdienstleistungen berufen.

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