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Sicherheit ist für viele Anleger einer der wichtigsten Faktoren bei der Geldanlage. Das ist verständlich. Vor allem, wenn es um Kapitalerhalt geht und nicht um den größtmöglichen Vermögensaufbau.
Der Goldstandard unter den sicheren Anlagen sind Staatsanleihen mit der höchstmöglichen Bonität, d. h. einem sogenannten AAA-Rating. Zu diesem exklusiven Club gehören zum Beispiel Deutschland, die Schweiz oder auch Singapur.
Die Kehrseite sicherer Anlagen ist deren geringe Verzinsung. So bringen 10-jährige deutsche Staatsanleihen aktuell 2,49 % Zinsen. In der Fachsprache wird auch vom “risikolosen” Zins gesprochen. Denn das Risiko, dass Deutschland oder die Schweiz ihre Schulden nicht zurückzahlen werden, ist extrem gering.
Der Nachteil: Die Inflation lag in Deutschland im Mai bei 2,6 %. Unter Berücksichtigung von Steuern und Inflation verliert man garantiert Geld mit 10-jährigen deutschen Staatsanleihen. Wichtig: Dasselbe gilt übrigens nicht für Staatsanleihen mit kurzen Laufzeiten, weil wir aktuell eine inverse Zinsstrukturkurve haben. Hier gibt es weiterhin um die 4 % Zinsen.
Um während der bis 2022 andauernden Niedrigzinsphase zumindest noch ein wenig Rendite zu erzielen, wurden vielen Anlegern offene Immobilienfonds verkauft. Das Versprechen: Sichere und regelmäßige Ausschüttungen (aus Mietzahlungen) und mögliche Wertsteigerungen (durch steigende Immobilienpreise). Diese offenen Immobilienfonds erzielten Renditen, die in der Regel zwischen 2 % und 3 % pro Jahr lagen.
Dann kam vor zwei Jahren die Zinswende. Seitdem haben sich die Bauzinsen mehr als verdreifacht, wodurch die Immobilienpreise in Deutschland auf breiter Front gefallen sind.
Sind offene Immobilienfonds zu einem zinslosen Risiko geworden?
Zahlreiche Volksbanken und Sparkassen waren beim Verkauf von offenen Immobilienfonds ganz vorne mit dabei. Zum Einsatz kamen gerne die Produkte der konzerneigenen Fondsgesellschaften. Die Belohnung: Bis zu 5 % Provision für den Vermittler. Die laufenden Kosten liegen nicht selten bei 2 % pro Jahr. Davon fließt ein Teil als Bestandsprovision an die Vermittler zurück.
Einer dieser Fonds, der Uni:Immo ZBI Wohnen, ist am vergangenen Donnerstag brutal abgestürzt. Der Fonds wurde 2017 von Union Investment, der Fondsgesellschaft der Volksbanken und Raiffeisenbanken, aufgelegt.
Der Uni:Immo ZBI Wohnen ist ein Dickschiff mit rund 5 Milliarden Euro Anlagevolumen und hat vor allem in Mietwohnungen investiert. Der Wert dieser Mietwohnungen wurde jetzt im Rahmen einer Sonderbewertung von unabhängigen Sachverständigen um mehr als 860 Millionen Euro auf knapp 4,3 Milliarden Euro abgewertet. Der tägliche Rücknahmepreis der Anteile fiel an der Börse um 17 %.
Dies ist der höchste Tagesverlust, den Anleger bei Immobilienfonds seit der Krise im Jahr 2008 hinnehmen mussten. Sämtliche Erträge der vergangenen Jahre sind damit ausgelöscht.
Wohlgemerkt bei einem Fonds, den die Union Investment auf ihrer Website als “geringes Risiko” eingestuft hat, d. h. Risikostufe 1 von 5. Diese Risikoeinstufung wird jetzt geändert. Ein schwacher Trost für Anleger.
Schuld scheinen übrigens mal wieder die anderen zu sein. Genauer gesagt haben „exogene Einflussfaktoren zu einer neuen, unvorhersehbaren Situation auf dem Wohnimmobilienmarkt geführt“. Sagt Union Investment.
Das Analysehaus Scope scheint das anders zu sehen. “Uni:Immo Wohnen ZBI habe einen Großteil des Portfolios in der Hochpreisphase des Marktes aufgebaut. Außerdem stünden überdurchschnittlich viele Immobilien leer und der Fonds besitzt recht viele ältere Objekte.”
Laut Scope haben 22 offene Immobilienfonds 2023 eine durchschnittliche Zwölf-Monats-Performance von 1,2 %. Ende April 2024 ist die Zwölf-Monats-Performance auf 0,5 Prozent gesunken. Unter Berücksichtigung der Inflation ist das garantierte Geldvernichtung.
Offene Immobilienfonds sind Black Boxes
Ein großes Problem bei offenen Immobilienfonds ist, dass sie für Privatanleger völlig intransparent sind. Die Bewertungen der zugrundeliegenden Immobilien werden von den Fondsgesellschaften bzw. deren Gutachtern festgelegt. Bei diesen Bewertungen gibt es einen gewissen Ermessensspielraum. Das ist rechtlich in Ordnung.
Eine fast 20 %-ige Abwertung über Nacht weist jedoch darauf hin, dass die zugrundeliegenden Immobilien zuvor zu optimistisch bewertet worden waren.
Der vielleicht größte Pferdefuß bei offenen Immobilienfonds ist für Anleger jedoch die Mindesthaltedauer von zwei Jahren. Erst dann kann der Fonds an die Fondsgesellschaft zurückgegeben werden.
Es gibt jedoch einen Notausgang: Offene Immobilienfonds können über die Börse verkauft werden. Allerdings müssen Anleger hier oft hohe Preisabschläge in Kauf nehmen.
Einen Fonds, den ich sehr häufig bei Depot-Checks finde, ist der hausInvest der Commerzbank. Der Rücknahmepreis bei der Fondsgesellschaft liegt aktuell bei 43,65 Euro. An der Börse erhält man aktuell sofort 39,27 Euro. Das heißt, professionelle Anleger bewerten den Fonds um 10 % geringer als die Fondsgesellschaft. Unter Berücksichtigung der erwarteten Ausschüttung beträgt der Abschlag an der Börse rund 7 %.
Ob der Absturz des Uni:Immo ZBI Wohnen ein Einzelfall war oder ob er der erste Kanarienvogel im Stollen war, der von der Stange gefallen ist, ist unklar.
Das Folgende ist jedoch klar:
- Einige Immobilienfonds sind wahrscheinlich deutlich riskanter, als Anlegern zugesagt worden ist.
- Es gibt alternative Anlageformen, die bessere Renditen bei ähnlichem oder geringerem Risiko liefern können.
- Viele Anleger haben ihr Geld bereits aus offenen Immobilienfonds abgezogen. Das Problem dabei: Falls zu viele Anleger ihre Anteile gleichzeitig zurückgeben, könnten Fonds zu Immobilienverkäufen zu unattraktiven Preisen gezwungen werden. Es entwickelt sich eine negative Spirale.
Und jetzt?
Die Tageszeitung Die Welt zitiert einen Berater einer Volksbank aus dem Hamburger Umland wie folgt:
“Die Krisenkommunikation der ZBI ist katastrophal. Die Kunden sind extrem verunsichert.”
Sind Sie auch betroffen? Sind Ihnen offene Immobilienfonds oder andere teure Fonds vermittelt worden? Fragen Sie sich, ob diese noch sinnvoll sind?
Dann kann Ihnen unser professioneller Depot-Check helfen, Klarheit zu bekommen. Sie erfahren, welche potentiellen Risiken in Ihrem Depot schlummern, wie hoch die Kosten sind und welche Rendite wirklich bei Ihnen ankommt.
Ein Depot-Check ist grundsätzlich immer empfehlenswert, falls Ihnen herkömmliche, provisionsbasierte Finanzprodukte verkauft worden sind. Erfahrungsgemäß können Sie Ihre jährliche Rendite um 3 % oder mehr steigern, indem Sie Ihr Depot umstrukturieren und auf ETFs umsteigen.
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Achim Teske ist einer von nur rund 200 echten unabhängigen Honorar-Anlageberatern in Deutschland. Der Bankkaufmann und Diplom-Kaufmann hat 16 Jahre für globale Investmentbanken gearbeitet, darunter 10 Jahre in London und 6 Jahre in Singapur. Zuletzt war er Managing Director und Leiter des Portfolio Managements für Asien-Pazifik. Seit 2017 ist er Honorarberater. 2019 wurde er in den DIN-Normenausschuss für Finanzdienstleistungen berufen.