100 Tage Trump
Wie geht es weiter?


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Veröffentlicht am 4. Mai 2025

Die globalen Aktienmärkte haben sich nach einigen turbulenten Wochen zunächst beruhigt. 

Donald Trump hat sich mit den globalen Kapitalmärkten angelegt, vorerst den Kürzeren gezogen und seine Forderungen deutlich abgeschwächt. Der Mythos vom “Dealmaker”, an den wahrscheinlich von vornherein wenige geglaubt haben, ist arg ramponiert.

Die große Frage ist: Wie lange hält die Ruhe an?

Die zweite große Frage: Was sollten Anleger jetzt tun?

So stehen aktuell die Märkte

Sehen wir uns die aktuellen Bewertungen an. Ein häufig genutzter Maßstab ist das sogenannte Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV). Es setzt den Jahresgewinn eines Unternehmens ins Verhältnis zu seinem aktuellen Börsenwert. Faustformel: Der historische Durchschnitt liegt ungefähr bei 15, d. h. Aktiengesellschaften werden durchschnittlich mit dem 15-fachen ihres Jahresgewinns bewertet.

Achtung: Das KGV ist nur ein grober Maßstab und die Bewertungen verschiedener Branchen & Unternehmen können extrem variieren.

Hier ein paar aktuelle Bewertungen (KGVe):

  • US-Tech-Unternehmen: 34,6
  • MSCI World: 21,5
  • US-Gesamtmarkt: 20,6
  • Deutschland: 14,6
  • Europa: 13,9
  • US-Nebenwerte: 13,8
  • Japan: 13,6
  • Schwellenländer: 12,0
  • China: 10,9

Was sofort auffällt: Obwohl die US-Aktienmärkte stärker gefallen sind als viele andere Börsen, gibt es weiterhin eine große Bewertungsdifferenz zwischen den USA und dem “Rest der Welt”.

Besonders die US-Tech-Unternehmen erscheinen aktuell immer noch relativ teuer. Da sie einen hohen Anteil am MSCI World haben, haben sie diesen Index mit nach oben gezogen.

Der “Rest der Welt” befindet sich hingegen in der Nähe oder unterhalb des historischen Mittelwerts. Wer also gerne “günstig” einkauft, wird hier möglicherweise Schnäppchen finden. Vor allem Europa, die Schwellenländer und Nebenwerte erscheinen attraktiv bewertet.

Hinweis aus der Praxis: Unsere wissenschaftlich konstruierten Kundenportfolios haben aktuell ein durchschnittliches KGV von circa 15. Das heißt, sie sind 30 % günstiger bewertet als der US-Aktienmarkt.

Diese Optionen haben Anleger

Anleger haben aktuell drei Handlungsmöglichkeiten. Was Sie tun hängt am Ende von Ihren Zielen, Ihre Anlagestrategie und Ihrem Anlagehorizont ab.

Option 1: Verkaufen

Anleger, die denken, dass sich die Lage noch einmal verschlimmern wird, könnte verkaufen und versuchen, zu einem späteren Zeitpunkt wieder einzusteigen. Hoffentlich zu geringeren Kursen. 

Das Problem, wenn man aus dem Markt rausgeht: Wann geht man wieder rein? Idealerweise am Tiefpunkt. Der Tiefpunkt bringt jedoch in der Regel mit sich, dass die Stimmung komplett am Boden ist. Anleger sind dann oft so gelähmt, dass sie an alles andere denken, nur nicht an den Aktienkauf. Profis geht es übrigens nicht anders. Das kann ich Ihnen aus meinen 16 Jahren Investmentbanking-Erfahrung, die ich vor allem in Handelssälen verbracht habe, bestätigen.

Um es kurz zu machen. Es gibt ganze Bibliotheken, die mit wissenschaftlichen Studien gefüllt sind, die belegen, dass dieses sogenannte “Market-Timing” nicht funktioniert. Einer der Gründe ist, dass eine Erholung sehr schnell passieren kann und Investoren es nicht schaffen, die Erholung zu erkennen und rechtzeitig wieder einzusteigen.

Option 2: Stillhalten (Buy and Hold)

Falls Sie Immobilien besitzen, ist der Wert Ihrer Immobilien seit der überraschenden Zinswende vor 2 Jahren wahrscheinlich zwischen 10 % und 20 % gefallen.

Macht Sie das nervös? Haben Sie darüber nachgedacht, ihre Immobilien zu verkaufen? Wahrscheinlich nicht. Es sei denn, Sie müssen eine Immobilie verkaufen oder die Refinanzierung steht an und Ihre neue Rate ist so hoch, dass Sie sich diese nicht mehr leisten können.

Aktien sind Immobilien nicht unähnlich. Beides sind langfristige Investitionen, mit denen man in den vergangenen 100 Jahren die höchsten Renditen erzielen konnte. Wenn man geduldig geblieben ist.

Aktienanleger, die ihre Wertpapier-Portfolio sauber konstruiert haben, müssen keine Angst vor der aktuellen Krise haben. Mit sauber konstruiert meine ich:

  • Man hat nur Geld in Aktien investiert, das man für längere Zeit nicht braucht.
  • Das Aktienportfolio ist mit ETFs global breit diversifiziert und beinhaltet mehr als 6.000 Aktien 
  • Man hat einen ausreichenden Liquiditätspuffer in Form von kurzlaufenden Anleihen hoher Bonität.

Falls man diese Kriterien erfüllt, kann man einfach nichts tun. Denn, statistisch betrachtet, werden die Aktienmärkte in 10 Jahren wahrscheinlich deutlich höher stehen als heute.

Option 3: Nachkaufen (Buy the Dip)

Anleger können die Kursrückgänge nutzen, um Aktien zu kaufen. Sieht man sich die aktuellen Bewertungen an, könnte diese Strategie vor allem außerhalb der USA und für Nebenwerte sinnvoll sein.

Und jetzt?

Die globalen Börsen haben sich deutlich erholt. Einige befinden sich jedoch immer noch um die 10 % unterhalb ihrer historischen Höchststände. Für langfristig orientierte Anleger könnte es sinnvoll sein, zu diesen Kursen zu kaufen.

Selbstverständlich besteht die Gefahr, dass die Krise wieder aufflammt. Wir können Donald Trump nicht kontrollieren. Die Kehrtwende Trumps könnte jedoch ein Zeichen sein, dass ihm klar geworden ist, wie schädlich und gefährlich ein Handelskrieg sein würde. Auch für ihn und die Republikaner. Denn die große Mehrheit der Amerikaner setzt bei der Altersvorsorge auf Aktien. Hohe Kursverluste an den Aktienmärkten könnten die Republikaner bei den Wahlen im nächsten Jahr Stimmen kosten.

Was wir jedoch kontrollieren können, auch wenn es manchmal schwer fällt, sind unsere Emotionen. Genauer gesagt, wie wir auf Marktturbulenzen reagieren.

Deshalb wiederhole ich meine Empfehlungen der vergangenen Wochen: Ruhe bewahren.

Achim Teske Achim Teske

Achim Teske ist einer von nur rund 200 echten unabhängigen Honorar-Anlageberatern in Deutschland. Der Bankkaufmann und Diplom-Kaufmann hat 16 Jahre für globale Investmentbanken gearbeitet, darunter 10 Jahre in London und 6 Jahre in Singapur. Zuletzt war er Managing Director und Leiter des Portfolio Managements für Asien-Pazifik. Seit 2017 ist er Honorarberater. 2019 wurde er in den DIN-Normenausschuss für Finanzdienstleistungen berufen.

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