Geldanlage ab 60:
Die drei größten Irrtümer – und was wirklich zählt


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Veröffentlicht am 29. Juni 2025

Was ist eigentlich eine gute Altersvorsorge?

2019 habe ich an einer Fortbildung teilgenommen, bei der einer der Referenten der Wirtschaftsnobelpreisträger Professor Robert C. Merton war. 

Professor Merton definiert eine gute Altersvorsorge wie folgt:

“Ein inflationsgeschütztes Einkommen, das es einem erlaubt, seinen gewohnten Lebensstandard bis zum Lebensende sicherzustellen.”

Das Schlüsselwort hier ist “inflationsgeschützt”, das heißt kaufkrafterhaltend.

Die langfristigen Auswirkungen der Inflation auf das Vermögen und die Kaufkraft werden von vielen Anlegern unterschätzt. Mit schwerwiegenden Folgen.

Seit der Corona-Krise 2020 hat sich das allgemeine Preisniveau in Deutschland um rund 20 % erhöht. Permanent. Und von dieser Basis werden die Preise mit hoher Wahrscheinlichkeit stetig weiter steigen.

Legen wir eine jährliche Inflation von 2 % zu Grunde (die ungefähre durchschnittliche Inflation der vergangenen 20 Jahre), dann verlieren wir in den kommenden 20 Jahren rund 40 % unserer Kaufkraft.

Zurück zu Professor Merton. Wir benötigen also eine Kapitalanlage, deren Verzinsung mindestens 2 % nach Kosten und Steuern beträgt. Rechnet man Kosten und Steuern ein, braucht man also wahrscheinlich um die 3 % Verzinsung.

Eine 3 %-ige Verzinsung lässt sich nicht mit herkömmlichen Sparanlagen, Festgeld und Tagesgeld erzielen. Man muss an den Kapitalmarkt, d. h. Aktien und Anleihen besitzen, die eine höhere Verzinsung erzielen.

Der Mythos vom Sicherheitsparker

„Mit 60 macht man nichts mehr falsch, wenn man nichts mehr macht.“ Dieser Satz bringt ein weitverbreitetes Missverständnis auf den Punkt: Dass Vermögensschutz ab einem gewissen Alter vor allem durch Stillhalten erreicht wird.

Doch in Wahrheit ist das Gegenteil richtig.

Gerade mit 60+ wird es gefährlich, wenn das Geld nicht mehr arbeitet. Wer aus Angst vor Risiken auf Aktien und Anleihen verzichtet, riskiert schleichende Verluste – durch Inflation, Steuerlast und strukturelle Fehlallokation.

In diesem Beitrag sehen wir uns die größten Irrtümer bei der Geldanlage ab 60 an – und was eine solide Planung wirklich ausmacht.

Mythos Nr. 1: „Jetzt ist es zu spät für Aktien“

Eine altbekannte Faustformel der Geldanlage besagt, dass die Aktienquote eines Anlegers maximal 100 % minus das Lebensalter betragen sollte.

Falsch. 

Die Aktienquote eines Anlegers hängt nicht nur vom Lebensalter ab, sondern auch von weiteren Faktoren. Zum Beispiel dem Gesamtvermögen und der Einnahmen- und Ausgabensituation. Zahlreiche meiner Ü70 Mandanten haben Aktienquoten von 60 % und höher. 

Warum? Weil sie mehr als genug Geld zum Leben haben und ihr Vermögen bereits mit der nachfolgenden Generation im Sinn anlegen. Und zwar mit dem Ziel der Renditemaximierung für Kinder und Enkel.

Mit 60 beginnt für die meisten Menschen nicht das Ende des Anlagezeitraums – sondern ein neuer Abschnitt. Die durchschnittliche Lebenserwartung eines 60-Jährigen liegt heute bei etwa 25 Jahren. Wer mit 63 in Rente geht, sollte sein Vermögen also für zwei weitere Jahrzehnte strukturieren – mindestens inflationsgeschützt. Besser noch mit Wachstumspotenzial.

Der Fehler: Viele Anleger kehren dem Kapitalmarkt vollständig den Rücken – aus Angst. Oder weil sie glauben, „das lohnt sich jetzt nicht mehr“. 

Das Risiko, keine Rendite zu erzielen, ist größer als das Risiko eines (moderaten) Aktieninvestments.

Mythos Nr. 2: „Lieber nichts mehr anfassen“

„Meine Geldanlage läuft seit Jahren so – warum sollte ich etwas ändern?“

Diese Haltung ist verständlich – und brandgefährlich. Denn viele Altverträge (Lebensversicherungen, Rürup-Renten, teure Fondspolicen, offene Immobilienfonds) sind nicht nur ineffizient, sondern auch riskant oder unflexibel. Vor allem sofortbeginnende Renten können regelrechte Kapitalvernichter sein.

Bei Wertpapier-Depots sieht es oft auch nicht besser aus. 9 von 10 Wertpapier-Depots, die wir überprüfen, sind nicht optimal strukturiert. Zum Einsatz kommen häufig teure gemanagte Fonds, die ihr Geld nicht wert sind. Im Ergebnis verlieren Anleger nicht selten zwischen 3 % und 5 % Rendite pro Jahr. Langfristig ein Vermögen.

Wer glaubt, im Alter müsse alles „wie eingefroren“ bleiben, geht möglicherweise ungeahnte Risiken ein oder lässt Geld liegen.

Mythos Nr. 3: „Sicherheit gibt’s nur mit Festgeld“

Viele Anleger über 60 parken größere Beträge auf Tages- oder Festgeldkonten – aus Vorsicht. Doch das schützt nicht vor Kaufkraftverlust. Selbst bei 3 % Zinsen bleibt unter dem Strich nach Kosten und Inflation: nichts.

Stattdessen braucht es eine Kombination:

  • Liquidität für Notfälle
  • Anleihen hoher Bonität für Stabilität
  • Globale Aktien-ETFs für Inflationsschutz und Ertrag

Gerade vermögende Menschen verfügen über die Möglichkeit, Risiko sauber zu steuern – über Streuung, Entnahmepläne und Zeithorizonte.

Wer alles in „sichere“ Zinsprodukte legt, wird am Ende nicht weniger Risiko haben – sondern weniger Freiheit.

Immobilien im Ruhestand: Kapitalanlage oder Klotz am Bein?

Immobilien galten lange als der sichere Hafen – doch diese Sicht kann trügerisch sein.

Seit der Zinswende 2022 sind viele Immobilien im Wert gefallen. Gleichzeitig liegt die Verzinsung vieler Immobilien bei 2 % pro Jahr oder sogar darunter, weil die Mieten nicht systematisch entwickelt werden. Viele Vermieter verlieren real Geld mit ihren vermieteten Immobilien. Und laufen das Risiko, dass teure Instandhaltungen nötig sind.

Zentrale Fragen, die sich Ruheständler zu ihren Immobilien stellen sollten:

  • Wie viel verdiene ich wirklich mit meinen vermieteten Immobilien?
  • Wie liquide bin ich, falls ich plötzlich Geld benötige?
  • Was passiert mit der Immobilie im Erbfall?

Viele Ü60 Immobilieneigentümer, deren Immobilien wir sauber durchrechnen, entscheiden sich danach für den Verkauf, denn der geringe Ertrag ist das Risiko nicht wert.

Vor allem, weil man seit der Zinswende wieder um die 3 % Zinsen mit Staats- und Unternehmensanleihen verdienen kann.

Was wirklich zählt: Sieben Fragen für Ihre Vermögensstruktur ab 60

Eine gute Geldanlage im Ruhestand beginnt nicht mit Produktentscheidungen – sondern mit der Frage, wie man die nächsten 20 Jahre (oder hoffentlich länger) verbringen will.

Diese sieben Fragen helfen bei der Orientierung:

    1. Wie viel Geld brauche ich für einen entspannten Ruhestand?
    2. Wie viel Aufwand will ich bei der Verwaltung meines Vermögens betreiben?
    3. Wie sichere ich mich gegen unvorhersehbare Ereignisse ab?
    4. Mit welchen Geldanlagen vermeide ich potenzielle Erbstreitigkeiten?
    5. Welche Risiken kann und will ich tragen – finanziell wie emotional?
    6. Wie viel Vermögen möchte ich mit warmen Händen übertragen?
    7. Was soll mit dem Kapital passieren, wenn ich es nicht mehr brauche?

Bei der Beantwortung dieser Fragen entsteht ein sogenanntes finanzielles Leitbild. Ein finanzielles Leitbild verbindet unser materielles Vermögen mit unseren Wünschen, Träumen und Zielen.

Das Ergebnis: Ein konkreter finanzieller Fahrplan für den Ruhestand.

Fazit: Der richtige Zeitpunkt ist jetzt

Wer heute über 60 ist, hat meist einiges aufgebaut – und will es bewahren. Für sich selbst und seine Nachkommen.

Doch „bewahren“ heißt nicht „einfach laufen lassen“ – sondern: Verstehen, planen und regelmäßig justieren.

Dafür braucht man: Klarheit über die eigenen Ziele und den Liquiditätsbedarf im Ruhestand.

Die Qualität unserer Geldanlage entscheidet darüber, wie viel Geld im Ruhestand für einen selbst zur Verfügung steht. Und später als Vermächtnis für die nachfolgenden Generationen.

Die Faustformel: Mehr Liquidität ist besser als weniger Liquidität.

Besonders gefährlich sind abgezahlte, vermietete Immobilien mit geringen Mietrenditen, denn diese sind oft schleichende Vermögensvernichter. Und bergen immenses Konfliktpotenzial, wenn sie an Erbengemeinschaften vererbt werden.

Der erste Schritt in Richtung einer durchdachten Ruhestandsplanung ist eine Vermögensbilanz. Man schreibt auf, welches Vermögen da ist und prüft, ob es noch finanziell sinnvoll ist und im Erbfall zu Konflikten führen kann.

Falls Sie mehr über eine professionelle Ruhestands- und Generationenplanung erfahren möchten, dann buchen Sie ein kostenfreies Informationsgespräch.

 

Achim Teske Achim Teske

Achim Teske ist einer von nur rund 200 echten unabhängigen Honorar-Anlageberatern in Deutschland. Der Bankkaufmann und Diplom-Kaufmann hat 16 Jahre für globale Investmentbanken gearbeitet, darunter 10 Jahre in London und 6 Jahre in Singapur. Zuletzt war er Managing Director und Leiter des Portfolio Managements für Asien-Pazifik. Seit 2017 ist er Honorarberater. 2019 wurde er in den DIN-Normenausschuss für Finanzdienstleistungen berufen.

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