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Jedes Mal, wenn ich über die Hamburger Elbbrücken fahre, werde ich an eine goldene Regel der Kapitalanlage erinnert:
Zu hohe Schulden können auch den intelligentesten Menschen finanziell ruinieren.
Direkt neben den Elbbrücken steht der halbfertige Rohbau des Elbtowers. Der Elbtower sollte eigentlich ein neues Wahrzeichen unserer Stadt werden. Der Bau steht jedoch seit Oktober 2023 still, weil der Bauherr, die Signa-Gruppe des österreichischen Immobilienentwicklers Rene Benko, insolvent ist.
Der Hauptgrund für die Pleite: Zu hohe Schulden in Kombination mit den deutlich gestiegenen Zinsen. Die Finanzierung des Projekts fiel in sich zusammen wie ein Kartenhaus.
Etwas Ähnliches ist vergangene Woche an den globalen Aktienmärkten passiert und hat ein Börsenbeben ausgelöst.
Die Kapitalmärkte mögen keine Überraschungen
Als ich 2010 von London nach Singapur zog, um die Leitung des Portfolio-Managements für die Asien-Pazifik Region für einen globale Investmentbank zu übernehmen, lernte ich eine Sache sehr schnell:
In Japan ticken die Uhren anders.
Ich meine nicht nur kulturell und gastronomisch. Sondern auch in Geldangelegenheiten.
Es wird wahrscheinlich ein schwacher Trost sein. Aber wer meint, dass deutsche Sparer bis vor kurzem durch die Niedrigzinsphase besonders stark gebeutelt wurden, der sollte sich das Schicksal der japanischen Sparer vor Augen halten.
In Deutschland begann die Niedrigzinsphase nach der Lehman-Krise im Jahr 2008. Die japanische Notenbank (Bank of Japan, BoJ) hatte die Leitzinsen bereits ein Jahrzehnt früher, nämlich 1999, auf Null Prozent gesenkt. Im Jahr 2016 senkte die BoJ den japanischen Leitzins sogar auf minus 0,1 %.
Durch die ultra niedrigen Zinsen sollte die stagnierende japanische Wirtschaft angekurbelt werden.
Während fast alle wichtigen Notenbanken die Leitzinsen in den vergangenen zwei Jahren deutlich erhöht hatten, um die Inflation zu bekämpfen, hielt die BoJ stoisch an ihrer Nullzinspolitik fest. Zum Leidwesen der japanischen Bevölkerung, denn der Wechselkurs des Yen ging in den Keller und befeuerte die Inflation.
Am 31. Juli gab die japanische Notenbank ihren Widerstand auf und erhöhte die Leitzinsen zum ersten Mal seit 17 Jahren. Auf 0,1 % bis 0,25 %. Weitere Zinserhöhungen wurden in Aussicht gestellt.
Auf den ersten Blick war dies ein Mini-Zinsschritt. Der aber massive Auswirkungen auf die globalen Finanzmärkte hatte. Denn mit der Zinserhöhung überraschte die japanische Notenbank die Kapitalmärkte. Und diese reagierten extrem.
Kaufe niemals Aktien auf Pump
Worüber die Finanzbranche nicht gerne spricht: Der globale Finanzmarkt besteht zu einem großen Teil aus Spekulation. Die oft mehr Schaden als Nutzen anrichtet.
Die ultimative Spekulation ist der sogenannte Carry Trade.
Bei einem Carry Trade leiht sich ein Investor zu einem geringen Zinssatz Geld und investiert es in eine Geldanlage mit einer (vermeintlich) höheren Verzinsung.
Aufgrund der stabilen und niedrigen Zinsen in Japan hatten Investoren sich geschätzte 4.000 Milliarden US-Dollar in Yen geliehen und damit Wertpapiere gekauft. Auch in anderen Währungen, unter vor allem US-Dollar. Dadurch entstand nicht nur ein Zinsänderungsrisiko, sondern auch ein erhebliches Wechselkursrisiko.
Nach der unerwarteten Zinswende in Japan stieg der Kurs des Yen gegenüber dem US-Dollar rapide um 7 % an. Das waren schlechte Neuigkeiten für Investoren, die Schulden in Yen gemacht hatten und damit Anlagen in US-Dollar gekauft hatten. Denn ihre Schulden (auf US-Dollar-Basis) waren damit sprunghaft gestiegen.
Die Musik hatte gestoppt. Jetzt versuchten sehr viele Investoren ihre Carry Trades zu schließen, indem sie Wertpapiere verkauften, um ihre Schulden zurückzuzahlen.
Am Montag, den 6. August fiel der Nikkei in der Spitze um 12,5 %. Dies war der größte Kursrutsch der vergangenen 37 Jahren. Andere globale Märkte folgten, vor allem der technologielastige NASDAQ mit einem Tagesverlust von 6 %.
Die Märkte erholten sich jedoch schnell. Der Nikkei stieg bereits am Dienstag um 10 %. Der NASDAQ und der DAX stehen inzwischen höher als am Freitag, dem 2. August.
Ob die Achterbahnfahrt damit zu Ende ist, ist unmöglich zu sagen. Laut Brancheninsidern sind erst 50 % bis 60 % der Carry Trades abgewickelt werden.
In den Krisen trennt sich die Spreu vom Weizen
In Krisen die Ruhe zu bewahren, ist die erste Pflicht des Investors und der Schlüssel zum Anlageerfolg.
Dies scheint vielen Privatanlegern am Montag nicht gelungen zu sein. Laut der Investmentbank JP Morgan befanden sich überdurchschnittlich viele Privatinvestoren unter den Verkäufern von Aktien. Viele institutionelle Investoren hingegen nutzten die temporäre Schwäche, um Aktien zu kaufen.
Warren Buffett hat es wie folgt ausgedrückt:
„Die Börse transferiert Geld von den Ungeduldigen zu Geduldigen“
Eine Studie der Universität Frankfurt mit 40.000 Privatanlegern bestätigt die These, dass viele Anleger, die ihre Geldanlage in Eigenregie durchführen, Schwierigkeiten haben, eine langfristige Anlagestrategie zu entwickeln und umzusetzen. Das Ergebnis der Studie: 86 % aller Privatanleger erzielen eine geringere Rendite als ihr Vergleichsindex. Durchschnittlich lassen Privatinvestoren 5,6 % Rendite pro Jahr liegen. Langfristig ist das ein Vermögen.
Was sind die Erkenntnisse für Privatanleger?
Die letzten Tage haben es mal wieder gezeigt: Niemand kann die Kapitalmärkte kontrollieren oder die Entwicklung der Börsen vorhersagen. Es gibt immer wieder Überraschungen.
Wir können aber kontrollieren, wie wir auf diese Krisen reagieren. Nämlich in dem wir versuchen, einen kühlen Kopf zu bewahren und keine emotionalen Entscheidungen zu treffen, die uns teuer zu stehen kommen. Das ist natürlich leichter gesagt als getan, wenn viel Geld auf dem Spiel steht.
Falls Sie diese Verantwortung nicht alleine tragen wollen, dann buchen Sie jetzt ein kostenfreies Informationsgespräch und erfahren Sie, wie wir Sie beim Vermögensaufbau oder Vermögenserhalt unterstützen können.
Achim Teske ist einer von nur rund 200 echten unabhängigen Honorar-Anlageberatern in Deutschland. Der Bankkaufmann und Diplom-Kaufmann hat 16 Jahre für globale Investmentbanken gearbeitet, darunter 10 Jahre in London und 6 Jahre in Singapur. Zuletzt war er Managing Director und Leiter des Portfolio Managements für Asien-Pazifik. Seit 2017 ist er Honorarberater. 2019 wurde er in den DIN-Normenausschuss für Finanzdienstleistungen berufen.